Unsere Zugfahrt nach Suzuka zur Formel-1


Hallo ihr Lieben,


nach unserem Tokio-Kurzbesuch hieß es dann Backpack satteln und auf nach Suzuka zur Formel-1. Bei einem Blick auf die Landkarte stellten wir fest, dass beide Städte rund 375 Kilometer voneinander entfernt liegen. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn die Rennstrecke irgendwo in der Nähe von Tokio gewesen wäre. Aber hey, kein Wunder, denn Japan ist gar nicht mal so klein mit einer Nord-Süd-Erstreckung von über 3000 Kilometern. Da wir die Distanz weder laufen noch in einem Bummelzug verbringen wollten, war also klar: "Wir müssen mit dem Shinkansen fahren". Nein, liebe Lesende, nicht mit einem Schimpansen. Shinkansen (新幹線 wörtlich: neue Stammstrecke) ist die Bezeichnung für den japanischen Hochgeschwindigkeitszug bzw. dessen Streckennetz. Der erste Zug, der Typ-0-Shinkansen, wurde pünktlich zu den olympischen Spielen 1964 in Betrieb genommen. Damals fuhr der Zug auf der Strecke zwischen Osaka und Tokyo mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h und war damit zu diesem Zeitpunkt der schnellste der Welt. Die aktuellen Shinkansen fahren bis zu einer Maximalgeschwindigkeit von 320 km/h. Zum Vergleich: Der ICE-3 in Deutschland kann theoretisch 300 km/h fahren, aber wann bitte fährt dort mal ein Zug schneller als ein Bobby Car? Die durchschnittliche Verspätung des Hochgeschwindigkeitszugs betrug im Jahr 2014 übrigens nur 36 Sekunden. Die Deutsche Bahn hält sich im Vergleich dazu leider bedeckt, was ihre Verspätung angeht. Um uns aber trotzdem eine Idee zu vermitteln: 2023 lag die Pünktlichkeits-Quote der deutschen Züge im Fernverkehr bei nur 63,4 %. ABER: Bei der Deutschen Bahn gilt ein Zug auch dann als pünktlich, wenn er weniger als sechs Minuten zu spät ist. Japan und Deutschland halten hier also ein ähnliches Niveau.


Nun ja, wir schweifen ab. Für den ersten Teil der Strecke, nämlich von Tokio bis Nagoya, hatten wir uns jedenfalls bereits vorab online Tickets besorgt und dabei auch noch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Wir hatten die perfekten Sitzplätze, um einen atemberaubenden Blick auf den Mount Fuji zu haben. Auf halber Strecke fährt man nämlich an dem 3776 Meter hohen Vulkan mit schneebedeckter Spitze vorbei. Zumindest bei gutem Wetter. Hatten wir gutes Wetter? Nö. Also bestaunten wir eine Nebel-Wolken-Wand, packten die Kamera wieder ein und fuhren weiter. Nach knapp 90 Minuten kamen wir dann in Nagoya an. Ach, wer jetzt denkt, dass wir in Suzuka selbst unterkommen sind, der liegt leider daneben. Auch hier haben unsere Geldbeutel laut "NEIN" geschrien, sodass uns Pierre ein weiteres geschmackvolles Raucherzimmer in der nicht sonderlich sehenswerten Hafen- und Industriestadt Yokkaichi buchte. Von Nagoya nach Yokkaichi nahmen wir also einen zweiten Zug und kamen Donnerstagabend in unserer mehr als staubigen Residenz an. Was man ihr aber lassen muss: Sie lag strategisch hervorragend, um zur Strecke zu gelangen.


Yeaaah - Unser erstes Formel-1 Rennen!!


Am Freitagvormittag machten wir uns zum ersten Mal auf den Weg zur Rennstrecke namens Suzuka Circuit, die bereits seit 1987 von den rasenden Büchsen befahren wird. Die Strecke selbst ist 5,807 km lang und ist bei Fahrern sowie Fans gleichermaßen beliebt, da sie viele Richtungswechsel und fast alle Kurventypen enthält: Langsame, mittelschnelle und schnelle Kurven. Zudem ist sie eine der wenigen sich selbst kreuzenden Rennstrecken mit einer Überführung - sie erinnert dabei mit ein bisschen Phantasie an eine 8 (Acht). Außerdem entschieden sich hier schon viele Weltmeisterschaften, da die Strecke meist zum Ende der Saison befahren wird. 2000 trugen zum Beispiel Michael Schumacher (Ferrari) und Mika Häkkinen (McLaren-Mercedes) ihren Kampf um den Titel aus, der hier entschieden werden sollte. Nach einem engen Duell gewann Schumacher vor dem Silberpfeil und sicherte sich damit seinen insgesamt dritten WM-Titel. Für Ferrari war es der erste Fahrertitel in der Formel 1 seit 21 Jahren.


Naja, dieses Jahr fand das Rennen jedenfalls relativ früh in der Saison statt und ihr könnt euch vielleicht denken, weshalb es liebevoll "Kirschblüten Grand Prix" genannt wurde. Zu Pierre's Begeisterung waren übrigens Freitag, Samstag UND Sonntag für die Formel-1 gebucht. Wäre es nach Patty gegangen, wäre es auch okay gewesen, wenn wir "nur" das Rennen am Sonntag gesehen hätten, aber was tut man nicht alles für die Liebe? Apropos Liebe: Etwa 90 Millionen Zuschauende (!) verfolgen durchschnittlich die einzelnen Rennen, die in über 100 Ländern live im Fernsehen zu sehen sind. 

Brumm, Summ und Ratatata


Die Überschrift war Programm. Laute Motorengeräusche (sowohl von der F1 als auch vom ebenfalls stattfindenden Porsche Cup), viele Menschen und gefühlt noch mehr Imbisswagen wohin die Ohren und Augen reichten. Wir fühlten uns ein bisschen wie auf einem Festival und wie von Zauberhand verirrten sich dann auch immer mal wieder Bier in unsere Hände. Da wir Tickets der günstigsten Kategorie hatten, hatten wir keine reservierten Sitzplätze, sondern konnten uns an dem ein oder anderen Rasenstück ein Plätzchen aussuchen, das uns gefällt. Am Freitag liefen wir also einmal über das gesamte Gelände, um den besten Ausguck auszuwählen. Die Entscheidung fiel für die sogenannte Löffelkurve - dort hatten wir alles, was wir brauchten: Einen coolen Blick auf die Rennstrecke, Essen, Trinken und Toiletten. Außerdem statteten wir Pierre mit einem McLaren Cap und einem Fanshirt des Rennens aus. Ob nur Pierre seine neuen Teilchen anhatte oder ob sich Patty die Sachen vielleicht auch mal ausgeliehen hat? Wir werden es nie verraten! Das Einzige, wovor wir richtig Respekt hatten, war das Wetter: Es war nämlich freitags recht frisch und wir wurden von dem ein oder anderen Regenschauer erwischt. Zwar haben wir Regenjacken im Gepäck, aber wir holten uns zusätzlich noch ein paar Regenponchos im 7-Eleven, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.


Am Samstag für's Qualifying und Sonntag für's Rennen wurde es dann auf dem Gelände jeweils deutlich voller. Immer mehr verkleidete Fans waren zu sehen und die Stimmung war ausgelassen. Verschiedene DJ's und DJane's gaben an unterschiedlichen Ecken ihr musikalisches Bestes und was sollen wie euch sagen: Wir hatten Sonne pur! Das ganze Wochenende! Gut, dass wir die letzten Monaten bereits in der Sonne verbrachten und vorgebräunt waren - wir haben nämlich verdammt viele verbrannte Fratzen am Ende der zwei Tage gesehen. Am Sonntag machten wir uns schon recht früh - mit Bier aus dem Supermarkt bewaffnet - auf den Weg zur Strecke, um uns unseren ausgesuchten Platz zu sichern. Gut gelaunt pilgerten wir mit der restlichen Menschenmasse Richtung Suzuka Circuit und richteten uns ein. Und dann fegten auch schon die Rennwagen an uns vorbei. Live sind die Autos dabei übrigens gefühlt noch 74 Mal schneller als im Fernsehen. Unsere mitgebrachten Ohropax haben wir jedoch nicht gebraucht - ob es nicht so laut war oder ob unsere Bier die Geräusche abgemildert hat, können wir jedoch nicht so richtig bewerten. Das Beste am Rennen war wohl aber das Glänzen in Pierre's Augen, für den vermutlich einer seiner Träume in Erfüllung ging - so artikuliert hat er das zwar nicht, aber Augen sagen ja bekanntlich mehr als 1000 Worte. Nach dem selbst recht unspektakulären Rennen tanzten wir noch ein bisschen mit anderen Fans an einem der Musikstände, an dem eine DJane ein cooles Set spielte. Und die Entscheidung war mehr als clever: Zum einen hatten wir Tanzlust und zum anderen hätten wir sonst vermutlich 2-3 Stunden an der Bahn angestanden - am Samstag warteten wir nämlich bereits 90 Minuten. Tanzend warteten wir also den ersten Ansturm ab, liefen zur Bahn, holten uns noch eine Portion Instant-Nudeln aus dem Supermarkt und ließen unser Wochenende ausklingen.

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