Hallo ihr Lieben,


heute ist Freitag, der 13.09.2024, und wir melden uns (endlich) zum ersten Mal aus Brasilien und damit von unserem mittlerweile dritten Kontinent, den wir bereisen! Wie ihr wahrscheinlich bereits vermutet habt, sprechen wir nach den ersten Tagen natürlich bereits fließend portugiesisch und sagen daher bem-vindo – also herzlich willkommen – zu unserem dieswöchigen Beitrag. Und wer jetzt beim Lesen ein bisschen spöttisch denkt: „Da lernt Patty in Vorbereitung auf die Reise extra Spanisch an der Volkshochschule, um dann erstmal in ein portugiesisch sprechendes Land zu fliegen“, hat schon auch irgendwie Recht. Weshalb wir trotzdem in das fünftgrößte Land der Welt geflogen sind? Riiichtig, die Flüge waren mal wieder günstig.


Ja, Brasilien. Spätestens nach der Weltmeisterschaft 2014 und haben sich viele Menschen vermutlich eine (oberflächliche) Meinung über das Land gebildet. Vielleicht tauchen vor eurem geistigen Auge nun also Bilder vom Karneval mit seinen bunten Paraden, Samba-Rhythmen und der ausgelassenen Stimmung auf. Oder ihr denkt an den Amazonas mit seinen mehr oder weniger wilden Tieren, an Salvador und Rio de Janeiro mit seinem Zuckerhut, seiner Copacabana und der über der Stadt thronenden Christusstatue. An knapp bekleidete Menschen an Traumstränden oder die Fußball-Legenden Pelé, Ronaldo, Neymar und Ronaldinho. An (gefährliche?) Armenviertel, die hierzulande Favelas heißen, an die gigantischen Iguazú-Wasserfälle oder - wie Pierre - an die Formel-1-Rennstrecke Interlagos. Was auch immer es sein mag: schmeißt jetzt einfach „Africa“ von Toto in die Ecke, mixt euch einen frischen Caipirinha und kommt mit uns nach Südamerika.


Unsere erste Station hier lautete: São Paulo. Wieso? Wir cleveren Sparfüchse haben preiswerte Flüge ergattert und sind – trotz einiger Stirnrunzler von Freund:innen und dem Internet – in die Millionenstadt geflogen. Schon ein Blick auf die Seite des Auswärtigen Amtes reichte nämlich, um das Thema Kriminalität zurück ins Gedächtnis zu bringen. Nach der gängigen Meinung wird man hier also (mal wieder) Opfer eines Raubüberfalls, sobald man den Flieger verlässt. Zudem wird São Paulo gern als laute, graue und staubige Industrie- und Finanzstadt mit viiiel Stau dargestellt. Nach unserer Recherche machten wir uns also gefasst auf einen dreckigen und gefährlichen Ort  und buchten vorsichtshalber nur 3 Nächte, um schnell wieder abdüsen zu können. Ob wir vorzeitig wieder abgereist sind, direkt ausgeraubt wurden oder es uns doch richtig gut gefallen hat? Ihr erfahrt es in genau diesem Beitrag. Wer sich vor dem Lesen einen kurzen geographischen Überblick verschaffen möchte, dem empfehlen wir einen Abstecher auf unsere Übersichtsseite zu Brasilien.

Fakten, Fakten, Fakten - meine Damen und Herren


Da wir hier wie immer professionellen Journalismus betreiben, zunächst ein paar Fakten: Benannt zu Ehren des Heiligen Paulus (wer kennt ihn nicht), entstand São Paulo um 1554 als kleine Siedlung um ein Jesuiten-Kloster und blieb bis zum Ende des 19. Jahrhundert relativ unbedeutend. Was zum Durchbruch geführt hat? Genau, der Kaffeeanbau im westlichen Hochland Brasiliens. Dank ihrer günstigen Lage zwischen den Plantagengebieten und dem Exporthafen Santos, boten sich nämlich hervorragende infrastrukturelle Voraussetzungen für das Wachstum der Stadt. Kein Wunder, dass São Paulo im 20. Jahrhundert geradezu explosiv anwuchs. Mittlerweile ist das einstige kleine Örtchen die wichtigste Industrie- und Handelsdrehscheibe Südamerikas, die Hauptstadt des gleichnamigen Bundeslandes und die wohl reichste Stadt Brasiliens. Mit über 21 Millionen Einwohnern ist sie außerdem nicht nur die größte Stadt des Landes, sondern zählt auch zu den größten Ballungszentren der Welt. Warum hier portugiesisch und nicht - wie in den meisten südamerikanischen Ländern spanisch - gesprochen wird? Korrekt, der Kolonialismus hat mal wieder zugeschlagen und die Portugiesen waren die ersten Europäer, die auf der Suche nach Gold in das sonnenreiche Land übersiedelten.


Untergekommen sind wir in der Nähe der für Erstbesuchende empfohlenen Avenida Paulista, die wohl berühmteste und wichtigste Straße der Stadt, die durch eines der Finanzzentren führt. Die knapp drei Kilometer lange Allee existiert bereits seit dem Jahr 1891 und war ursprünglich links und rechts von extravaganten Villen flankiert. Heutzutage haben hier wegen der für Brasilien ungewöhnlich hohen Mietpreise vor allem Banken und Versicherungen, Konsulate, internationale Firmen sowie Einkaufszentren ihren Platz gefunden. Die achtspurige Straße wird gern als der brasilianische Times Square bezeichnet und nach unserem Besuch wissen wir auch, warum:  Wir trafen auf einen konstanten Trubel bedingt durch die Touristen, Straßenkünstler, Pendler und Verkäufer, die sich in einem lebendigen Strom bewegen. Statt also direkt überfallen zu werden, sahen wir gut gelaunte Menschen, die entspannt ihren Kaffee tranken, auf ihren Smartphones herumtippten oder lächelnd durch die Gegend liefen. Nachdem wir also mit dem Schlimmsten gerechnet haben, waren wir bei unserem ersten Spaziergang mehr als positiv gestimmt. Wie wir später lernen sollten, ist die Straße übrigens sonntags für den Verkehr gesperrt - dann ist Platz für Freiluft-Künstler aller Art und Musiker, Maler, Tänzer und Magier bevölkern die Straße.


Die Paulistas oder Paulistanos, wie sich die Einwohner der Stadt nennen, haben ihre Wurzeln unter anderem in Portugal, Spanien, Italien, Polen, Deutschland, Japan und dem Libanon, stammen aber auch von indigenen Ureinwohnern und afrikanischen Sklaven ab. Und so fielen wir in der bunten Menschenmischung nicht als offensichtlich fremd auf, was in den letzten Monaten nicht allzu oft vorkam. Wir fanden ein kleines Café, das nicht nur durch leckeres Essen, sondern auch durch die süßen Mitarbeitenden bestach: Keiner konnte englisch und so gab es für uns bei jedem Besuch Portugiesisch-Nachhilfe gratis dazu. Besonders hervorheben müssen wir an dieser Stelle unbedingt den aufgeschlossenen Charakter der (allermeisten) Brasilianer. Die Menschen sind emotional und unglaublich hilfsbereit - mit Händen und Füßen wird solange gewedelt und erklärt, bis auch wir ihre Unterstützung verstanden haben: ob im Bus, im Restaurant, auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten oder einfach so.


Bei unseren Besuchen der Avenida Paulista fanden wir außerdem cool, dass viele kostenlose Aktivitäten zur Verfügung gestellt wurden wie z.B. der Besuch einiger Kunstaustellungen, Aussichtspunkte oder des Japanhauses. Besonders auffällig ist dabei das Museu de Arte de São Paulo (MASP), ein Kunstmuseum, das wie ein Klotz mit Beinen an der Straße steht und so schon rein architektonisch betrachtet ein Kunstwerk darstellt. Es beherbergt mit rund 8.000 Exponaten eine der besten Kunstsammlungen der Südhalbkugel. Und wer denkt, dass hier ausschließlich südamerikanische Werke ausgestellt sind, der irrt: hier findet sich nämlich auch eine ausgesprochen umfassende Sammlung europäischer Kunst u.a. von Pinselmeistern wie Picasso, Velazquez, Van Gogh und vielen mehr.

Sind das etwa der Central Park und der Kölner Dom in Brasilien?


Bei einem Blick auf die Karte stellten wir fest, dass der viel umschwärmte Ibirapuera Stadtpark fußläufig zu erreichen ist und so machten wir uns auf den Weg in die grüne Lunge der Stadt. Wir genossen es, mal wieder richtig spazieren zu gehen und aufgrund der hohen Polizeipräsenz trauten wir uns auch immer mehr, die Kamera wieder "normal" zu nutzen und sie nicht nach jedem Foto wieder wegzupacken. Mit einer Fläche von fast zwei Quadratkilometern (das entspricht der Fläche von Monaco oder 280 Fußballfeldern) ist der zweitgrößte Park São Paulos für die Menschen hier genauso wichtig wie der Central Park für New York. Neben historischen Denkmälern und dem Museum für moderne Kunst gibt es hier coole Pflanzen, eine Allee aus riesigen Feigenbäumen, viele Seen und bunte Tiere. Naja okay, die schwarzen Schwäne waren nicht so bunt... aber trotzdem schön! Wir kamen vorbei an vielen Sporttreibenden, Sonnenanbetenden und Spazierenden wie uns und fühlten uns einfach wohl.


So wohl, dass wir uns in den drauffolgenden Tagen auch nach Sonnenuntergang noch auf die Straße trauten, was uns nach den vergangenen Monaten im südlichen Afrika wieder ein gewisses Freiheitsgefühl gab. Nachts ist das Treiben auf den Straßen ebenfalls angenehm, dann kommen nämlich die Straßenmusiker und Partywütigen raus, die sich tagsüber wegen der warmen Temperaturen vermutlich irgendwo im Keller versteckt hielten. Selbstverständlich achten wir darauf, dass wir nicht in irgendwelche dubiosen Ecken geraten und meiden kleine, wenig besuchte Nebenstraßen. Uhren und Schmuck besitzen wir sowieso nicht und als mittlerweile eingefleischte Backpacker sehen wir vermutlich auch einfach nicht lohnenswert genug aus, um überfallen zu werden. Und sind wir mal ehrlich: hättet ihr als Räuber:in Lust, euch mit uns anzulegen oder würdet ihr nicht auch andere Menschen vorziehen? 😁


Eine Ecke, die wir zum Beispiel abends gemieden haben, ist die Altstadt. Tagsüber ist hier zwar das kulturelle und historische Herz der Stadt zu finden; abends sind die Gassen jedoch wie leer gefegt und bergen damit ein gewisses Risiko. In dieser Ecke befinden sich nämlich ausschließlich Sehenswürdigkeiten und Dienstleistungsgebäude, jedoch keine Wohnhäuser. Wer also in einer solch menschenleeren Gegend nachts umher schwirrt, setzt sich einem erhöhten Überfallrisiko aus. Wieso? Naja, sein wir mal ehrlich: ihr würdet ein Verbrechen doch auch dort und dann begehen, wo ihr recht ungestört eure kriminelle Energie auslassen könnt oder? 💡 Also... rein hypothetisch versteht sich!


Nunja. Wir schlossen uns jedenfalls lieber einer Tour im Hellen an und erkundeten die Mischung aus kolonialen Gebäuden, Architektur aus dem frühen 20. Jahrhundert und modernen Wolkenkratzern. Zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten zählen der Pátio do Colégio, der Ort der Stadtgründung, die majestätische Catedral da Sé sowie das Theatro Municipal, das ein Beispiel für den Einfluss des europäischen Baustils ist. Hättet ihr gedacht, dass das Kirchlein mit ihren beiden knapp 100 Meter hohen Spitztürmen und ihren monumentalen Ausmaßen zu den größten neugotischen Kathedralen der Welt zählt? Wer jetzt keinen Schimmer hat, wovon wir sprechen: denkt einfach mal an den Kölner Dom, die Sagrada Família in Barcelona oooder an Westminster Abbey in London - sehr ihr jetzt die Ähnlichkeit? Unter der 30 Meter hohen Kuppel befinden sich übrigens noch unzählige brasilianische Kunstwerke und eine der größten Orgeln Lateinamerikas. Diese kann jedoch nicht gespielt werden, da sonst die Fenster zerspringen würden - da hat wohl scheinbar jemand nicht mitgedacht - haha.

Villa Madalena - Ein Ort, an dem sich Banksy wohlfühlen würde  


Um die Stadt noch besser zu erkunden, schlossen wir uns einer weiteren Free-Walking-Tour durch das Viertel Villa Madalena an. Der Name geht auf die Familie des portugiesischen Grundbesitzers Joaquim Alves zurück, der das Gebiet im 19. Jahrhundert besaß und das Viertel nach einer seiner drei Töchter benannte. Ursprünglich als Arbeiterviertel konzipiert, entwickelte es sich später zu einem kulturellen und künstlerischen Hotspot, der heute durch seine Straßenkunst und kreative Atmosphäre bekannt ist. Die bunten Graffitis und Wandmalereien, besonders in einer kleinen Gasse namens Beco do Batman, verwandeln das Viertel in eine sich ständig wandelnde Open-Air-Galerie. Die Kunstwerke ändern sich nämlich regelmäßig, da neue Künstler ihre Werke hinzufügen oder ältere übermalen. Wir finden, dass auch Banksy mal vorbeikommen sollte, um seine/ihre politischen Botschaften zu verbreiten – die Szene wäre sicherlich offen für die provokanten Werke. Falls du das also lesen solltest, Banksy: Sao Paulo ist unser Geheimtipp für dich ✨


Kein Wunder, dass Villa Madalena und das angrenzende Pinheiros unsere Lieblings-Stadtviertel wurden: bunt, kreativ, sicher - auch nachts. Hier tobt nämlich ein lebendiges Nachtleben in den unzähligen Botecos, wie sich die Bars hier nennen, in denen neben Bier und Getränken auch einfache Speisen angeboten werden.


Aber nicht nur dort sind wir über Street Art gestolpert. So gut wie überall in der Stadt stießen wir auf zum Teil riesige bunte Kunstwerke. Und tatsächlich: In den letzten Jahren hat sich die Wahrnehmung von Graffiti in São Paulo geändert. Es gibt immer mehr Initiativen, um Street Art zu fördern, und viele große Gebäude lassen ihre Fassaden von Künstlern gestalten. Einige dieser Werke sind sogar von der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben worden. Übrigens unterscheidet man zwischen künstlerischem Graffiti und Pichação: zweiteres ist eine Form von urbanem Tagging mit oft kryptischen Symbolen und Buchstaben, das in São Paulo besonders verbreitet ist und von den Behörden härter verfolgt wird. Da wir uns ja auf einen einzigen grauen Betonklotz eingestellt haben, waren wir umso überraschter und freuten uns bei wirklich jedem Spaziergang oder jeder Autofahrt über neu entdeckte farbenfrohe Bildchen.

Vermutlich nutzlose, aber coole Fakten über São Paulo


  • Hier befindet sich das 140 Meter hohe Edifício Copan. Mit seiner auffällig geschwungenen Form steht es als größtes Wohnhaus der Welt im Guinness Buch der Rekorde uuund hat aufgrund seiner Größe und der Vielzahl an Apartments und Geschäften sogar eine eigene Postleitzahl.
  • In São Paulo ist die größte japanische Gemeinde außerhalb Japans angesiedelt. Cool oder? Kein Wunder, dass das Viertel Liberdade, das auch als Japantown (Japão) bekannt ist, ein angesagter Ort ist. Charakteristisch für den Bezirk sind die roten Laternen an den Straßen, die kleinen Krimskrams-Läden und natürlich die vielen tollen Restaurants. Dass wir außerhalb von Japan nochmal gute Ramen essen würden, hätten wir also kaum vermutet.
  • In Brasilien wird der Ausdruck „einen 7 zu 1 haben“ verwendet, um einen besonders schlechten Tag oder eine unangenehme Situation zu beschreiben. Dies bezieht sich auf das denkwürdige Fußballspiel im Halbfinale der Weltmeisterschaft 2014, bei dem Brasilien eine schockierende 1:7-Niederlage gegen Deutschland erlitt. Dieses Spiel hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Brasilianer eingebrannt und ist seitdem ein Symbol für extreme Enttäuschung oder Pech.

Sitzen wir wirklich auf einem Amt in Brasilien?!


„Bitte geben Sie Ihre CPF ein“, ist wohl der meist gelesene Satz, der uns zum Beispiel bei Buchungen von Busfahrten, binnenländischen Flugtickets oder Karten für die Formel-1 Rennstrecke in die Hände gefallen ist. Wen sollen wir eingeben??? Wie wir herausfanden, ist die CPF die brasilianische Steuernummer, die beweist, dass eine Person in das Cadastro de Pessoas Físicas – also das Register natürlicher Personen - in Brasilien eingetragen wurde. Ähm ja. Haben wir nicht. Auf manchen Internetseiten konnte man das Feld zwar umgehen und die Reisepass-Nummer stattdessen angeben, auf anderen jedoch nicht. Etwas verzweifelt fragten wir uns also bei unseren Guides der Free-Walking-Touren und Freunden durch, aber so richtig hilfreich war das alles nicht. Und so beschlossen wir, dass wir uns „einfach“ eine CFP besorgen. Und so fanden wir glücklich eine offizielle Internetseite, auf der wir die Nummer online beantragen konnten… dachten wir zumindest. Nachdem wir nämlich alle Daten eingetippt hatten, erhielten wir eine Vorgangsnummer, mit der wir dann doch persönlich zur Nationalbank von Brasilien mussten. Dachten wir zumindest auch hier – haha. Das gilt jedoch ausschließlich für Einheimische. Touristen müssen zum offiziellen Amt für Steuern. Der wirklich hilfsbereite Herr von der Bank suchte uns dann aber eifrig die richtige Adresse raus und so fanden wir uns kurze Zeit später auf dem genannten Amt wieder. Das olle Gebäude erinnerte uns irgendwie an Deutschland und so fuhren wir auf Anweisung der Mitarbeiter in den zweiten Stock des muffigen Hauses. Wir zogen uns am Schalter eine Nummer und setzen uns in das Wartezimmer, das viel deutscher gar nicht hätte aussehen können. Irgendwann tauchte auf dem Bildschirm unsere Nummer auf und wir zeigten dem Mitarbeiter stolz unsere aus dem Internet erhaltene Vorgangsnummer. Er machte jedoch gestikulierend deutlich, dass wir den Wisch nochmal ausfüllen mussten und wisst ihr warum? Klaaar, er musste das Dokument natürlich ausdrucken und so kleisterte Patty erneut ihr ganzes Leben (inkl. der vollständigen Namen ihrer Eltern!?!) in das Formular. Anmerkung der Autorin: Sorry, Papa, die kennen dich nun auch namentlich. Anschließend mussten wir uns eine weitere Wartenummer ziehen, damit ein Foto gemacht werden konnte, das dem Antrag hinzugefügt werden kann. Nach ziemlich genau einer Stunde waren dann insgesamt 4 Formulare ausgefüllt, ein Foto gemacht und 2739 Unterschriften gesetzt. Strahlend teilten uns die Beamten dann „tudo bem“ – also „alles gut“ – mit und ließen uns wissen, dass wir innerhalb der nächsten 5 Werktage per Mail mit der CPF rechnen können. Später beim Schlürfen einer leckeren Kokosnuss resümierten wir, dass wir nicht gedacht hätten, dass wir mal in Brasilien auf einem Finanzamt sitzen würden. Aber hey, die Reise hielt ja schon die ein oder andere Überraschung für uns parat, sodass wir auch die Situation gut gelaunt und voll souverän über die Bühne gebracht haben. Übrigens erhielten wir unsere CPF genau einen Tag nach der Beantragung und können seitdem stolz auch unsere persönliche Steuernummer angeben.

Interlagos – Unser Doppelbesuch der Formel-1-Rennstrecke


Interlagos, offiziell bekannt als Autódromo José Carlos Pace, ist eine – zumindest unter Kennern - berühmte Rennstrecke, die seit den 1970er Jahren regelmäßig den Großen Preis von Brasilien in der Formel 1 ausrichtet. Die Strecke ist für ihre anspruchsvollen Kurven und Höhenunterschiede bekannt und gilt als eine der herausforderndsten im F1-Kalender. Wen wundert es da, dass der besondere Kurs Interlagos zu einer der Lieblingsrennstrecken von Pierre macht. Und so saß er auf unserem Bett und wünschte sich mit einem süßen Dackelblick einen Besuch der Rennstrecke. Und so setzten wir uns also eines Vormittags in ein Uber und fuhren knapp 45 Minuten zum Haupttor des Autódromo. Wir fanden uns wieder in einer recht lauten und nicht ganz so einladenden Ecke der Stadt und standen vor dem noch weniger freundlich aussehenden Tor, das von grummelig aussehenden Wachmännern versperrt wurde. Wir spazierten also zu einigen anderen Toren, bei denen es jedoch nicht viel besser aussah. Als wir dann an einer absolut nicht vertrauenswürdig aussehende Straße ankamen, entschlossen wir uns nach ein paar Metern etwas verzweifelt zum Umdrehen. Einige süße, hilfsbereite Anwohner versuchten uns daraufhin mit Händen und Füßen zu helfen und schickten uns im Endeffekt wieder zu dem Tor, an dem wir eingangs gestartet waren. Die dortigen Sicherheitskräfte wiesen uns jedoch leider ab, da die Strecke mittlerweile wegen der Vorbereitungen auf den F1 Grand Prix im November gesperrt ist. Etwas geknickt liefen wir noch ein paar weitere Tore in die andere Richtung ab, gaben jedoch dann final auf. Da es das jedoch noch nicht gewesen sein konnte, recherchierten wir im Nachgang nochmal und fanden heraus, dass drei Tage später ein 4-Stunden-Rennen der brasilianischen Liga stattfinden sollte. Zwar nicht Formel 1, aaaber es gab noch Tickets und Hauptsponsor war Imperio, eine landeseigene Biermarke - was sollte also schief gehen? 😁 Wir fackelten also nicht lang und kauften uns - natürlich ganz stolz mit unserer CPF - unsere Tickets. Aber nicht nur irgendwelche Tickets, sondern VIP-Tickets mit Zugang zum Fahrerlager, der Boxengasse, Freibier und Buffet. Die Dinger würden bei einem Formel 1 Rennen so zwischen 2.000 und 4.000 Euro kosten, in der brasilianischen Würstchen-Liga haben wir schmale 45 Euro gezahlt. Und so kamen wir dann bei unserem zweiten Anlauf tatsächlich durch das vormals geschlossene Tor und hatten einen wunderbar sonnigen, bierreichen Aufenthalt als VIPs.


Pierre stellte übrigens entgeistert fest, dass Patty noch nie von Ayrton Senna gehört hatte. "Wer ist dieser Eiertonn?", fragte sie mit einigen Fragezeichen vor der Stirn. Natüüürlich handelt es sich um eine brasilianische Motorsportlegende, die eng mit Interlagos verbunden ist: er gilt als einer der größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten und gewann dreimal die Weltmeisterschaft (1988, 1990, 1991). Senna bleibt bis heute ein Nationalheld in Brasilien und eine der inspirierendsten Persönlichkeiten der Formel-1-Geschichte. Kein Wunder, dass er zahlreiche Fassaden schmückt und überall Statuen von ihm zu finden sind, die wir natürlich alle besuchen müssen... äh... werden.

São Paulo - Unser Fazit


Von São Paulo hört man nicht viel und selten Gutes. Wer einen Brasilien-Urlaub plant, denkt nämlich vermutlich in erster Linie an Rio de Janeiro oder Salvador da Bahia. Dank ihrer Lage und Architektur sind diese beiden Reiseziele wohl auf den ersten Blick auch um einiges attraktiver als das industriell geprägte São Paulo. Und klar: Es handelt sich ganz klar um eine Stadt der Superlative und hat dementsprechend große Probleme: ein tägliches Verkehrschaos, die durch ungeklärtes Abwasser verschmutzten Flüsse, eine schlechte Wasserqualität oder auch die Kluft zwischen Arm und Reich. Wir finden jedoch: inmitten der Betonwüste versteckt sich eine lebendige Mischung aus Kunst, Kultur und Kulinarik. Sampa, wie die Stadt liebevoll genannt wird, ist eine kulturell vielfältige, eine pulsierende, dynamische und kosmopolitische Metropole. Und es gibt wirklich keinen Grund, eine permanente Paranoia wegen möglicher Überfälle oder Gewaltverbrechen an den Tag zu legen. Wir fühlen uns auf jeden Fall deutlich sicherer als in manch anderen Ecken dieser Welt, die wir bereits bereist haben, und genießen unsere Zeit hier. Und damit verabschieden wir uns für diese Woche von euch und machen uns auf die Suche nach dem nächsten Caipirinha 🍸

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