Hallo ihr Lieben,
heute ist Sonntag, der 04.05.2024, und wir sind glücklich und zufrieden zurück vom unserem Abstecher in die Natur Japans. Wir wollten ja dem Großstadtwahnsinn der letzten Wochen entfliehen und so viel vorab: Das ist uns gelungen. Mit unserem in Nagoya abgeholten Mietwagen haben wir eine Rundfahrt mit vier Zwischenstopps gemacht, die jeweils zwei Nächte lang waren. Da wir uns in den eher ländlichen Regionen des Landes befunden haben, melden wir uns mit vielen neuen Erkenntnissen im Gepäck: Wir haben nämlich in Ryokans geschlafen, in Onsen gebadet und haben Sake getrunken. Ihr könnt mit einem oder mehreren Begriffen nichts anfangen? Keine Angst, ging uns auch so. Zum Glück ist dieser Blog quasi wie die Sendung mit der Maus und klärt entsprechend auf. In diesem Sinne viel Spaß beim Lesen (und vielleicht beim Lernen).
Der Fuji – mehr als nur ein Berg
"Ich möchte uuunbedingt den Mount Fuji sehen“, waren Patty’s Worte, auf deren Basis wir unsere Route planten. Daher lasst uns auch bei unserem Hauptakteur anfangen: Dem „Futschi“ (so wird der Gute nämlich ausgesprochen). Und nein, das wird hier jetzt kein Aufsatz über das gleichnamige Berliner Kultgetränk, das aus Brandy und Cola gemischt wird. Der Fujisan, wie er in Japan genannt wird, ist mit einer Höhe von 3776 Metern nämlich der größte Berg und Vulkan des Landes und wohl eines der bekanntesten und bedeutendsten Wahrzeichen Japans. Heutzutage gilt er übrigens noch immer als aktiv, jedoch mit einem geringen Eruptionsrisiko. Sein letzter bekannter Ausbruch fand am 16. Dezember 1707 statt und das ist glücklicherweise auch während unseres Besuches so geblieben. Mit seinem schneebedecktem, nahezu symmetrischen Kegel gilt er jedenfalls seit Jahrhunderten als Objekt der Verehrung sowie Quelle künstlerischer Inspiration. Da er sich gern hinter Wolken oder im Nebel versteckt, wird er übrigens oft auch als „der schüchterne Berg“ bezeichnet.
Seit 1991 wird eine tägliche
Statistik geführt, nach der der Fuji im Durchschnitt nur an etwa 85 Tagen im Jahr vollständig sichtbar ist. Bei sehr klarem Wetter wiederum kann man ihn aber sogar von dem etwa 100 Kilometer entfernten Tokio aus sehen. Wir sind jetzt zwar keine bekennenden Vulkanliebhaber, aber so viel steht fest: Dieser Berg ist einfach nur beeindruckend. Als wir ihn zum ersten Mal auf der Autobahn erblickten, freute sich vor allem Patty einen Ast ab und hüpfte freudig auf dem Beifahrersitz rum und quietschte. Aber auch nachdem wir ihn dann öfter gesehen hatten, freuten wir uns immer wieder, wenn er irgendwo hinter einem Baumwipfel, einer Bergkette oder einem Haus zu sehen war. Nur allzu gerne hätten wir, so wie jährlich etwa 300.000 andere Menschen auch, den Koloss bestiegen, aber das ist wegen der Witterungsverhältnisse nur von Anfang Juli bis Ende August erlaubt. Und so planten wir unsere Berg-Umfahrung in vier kurzen Etappen, die uns nach Gotemba, Fujikawaguchiko, Suwa sowie nach Magome & Tsumago gebracht hat. Dazu dann später mehr!

Der japanischen Tradition auf der Spur: Ryokan & Onsen
Zunächst aber ein paar Einblicke in unser Schlafzimmer – aber nicht so wie ihr jetzt denkt! Nachdem wir bisher nämlich „nur“ in Ferienwohnungen und Ho(s)telzimmern untergekommen sind, wollten wir nun unbedingt in einem Ryokan schlafen. Ein Ryokan ist eine traditionelle Herberge, die typischerweise über Tatami-Matten, Futons zum Schlafen, Schiebewände aus Papier und niedrige Tische verfügt. Das Übernachtungs-Erlebnis umfasst oft auch ein authentisch japanisches Frühstück bestehend aus einer kleinen Schüssel Reis und einer Schale Miso-Suppe, die begleitet werden von Fisch, Fleisch, Tofu, eingelegtem und/oder frischem Gemüse, Omelette sowie anderen (mehr oder weniger) leckeren Kleinigkeiten. Oftmals ist auch eine Mahlzeit im Kaiseki-Stil inkludiert, sprich ein mehrere Gänge umfassendes Abendessen, das lokale und saisonale Zutaten betont. Gäste im Ryokan tragen zudem sogenannte Yukata (leichte, ungefütterte Kimonos), die zur Verfügung gestellt werden. Wir haben also in drei Ryokans geschlafen, wobei wir das „volle Paket“ nur in einer Unterkunft hatten, was aber auch vollkommen ausreichend war. Wir stellen nämlich fest: Vor allem das japanische Frühstück passt so gar nicht zu unserem Geschmack, der morgens einfach einen Kaffee und eine brotähnliche Kleinigkeit oder Obst möchte. Absolut cool war aber, dass die Mahlzeiten viel Fisch beinhaltet haben, sodass wir endlich ohne Reue testen konnten. An der ein oder anderen Stelle sind wir zwar geschmacklich fast gestorben, aber naja – als echte Weltenbummler gehört das wohl dazu.
Ein weiteres charakteristisches Merkmal von Ryokans ist die Verfügbarkeit von so genannten Onsen. Dabei handelt es sich um Thermalbäder, deren Wasser aus natürlichen heißen Quellen stammt, und aufgrund seiner Mineralzusammensetzung bekannt ist für seine heilende und entspannende Eigenschaft. Onsen sind übrigens textilfrei und folgen einer strikten Geschlechtertrennung. Der gesamte Ablauf ist ein kleines Spa-Erlebnis für sich: Zunächst betritt man einen Vorraum, in dem Schließfächer, Umkleideräume, Föns, Cremes und Getränke bereitgestellt werden. Nachdem man sich entkleidet hat, betritt man (mit einem kleinen Handtuch bewaffnet) das Thermalbad. Es ist üblich, sich zunächst gründlich an einem der Waschtische (sitzend) zu waschen, um die Reinheit des Bades zu wahren. Auch hier stehen Pflegeprodukte für Haut, Haare, Füße, Gesicht und alle sonstigen Körperteile zur Verfügung. Sich nackt vor einen Spiegel auf einen Plastikhocker zu setzen und sich zu duschen war übrigens etwas befremdlich, aber auch eine witzige Erfahrung. Anschließend hatte man die Auswahl zwischen kalten und warmen Becken. Je nach Größe des Onsen standen zusätzlich noch eine Sauna, Außenbecken und/oder Dampfbäder zur Verfügung. Wie wir uns so gefühlt haben? Als Patty zum ersten Mal in einem der heißen Becken vor sich hin entspannte und sie das Treiben um sich herum betrachtete, kam sie sich ein wenig wie eine römische Göttin vor – alles wirkte so reinlich und ruhig. Die entspannte Atmosphäre konnten wir jedoch immer nur so um die 50 Minuten „aushalten“, da das Wasser immer um die 40 Grad hatte und wir irgendwann genug entspannt hatten. Außerdem waren wir ja wegen der Geschlechtertrennung jeweils allein unterwegs und nackt freundet man sich eher weniger mit Fremden an – zumindest wir nicht. So trocknete man sich dann mit seinem kleinen Handtuch ab, betrat wieder den Vorraum, machte sich frisch und stiefelte in dem geliehenen Haus-Pyjama wieder auf’s Zimmer.
Was wir außer Berg-Anstarren sonst noch so gemacht haben
1. Station - Gotemba: Angekommen auf der hoteleigenen Dachterrasse haben wir zunächst ein Fotoshooting vom Mount Fuji gemacht und uns über das Leben, die Sonne und unsere Weltreise-Entscheidung gefreut. Am zweiten Tag haben wir den naheliegenden Ashi-See umwandert, was nach 24 Kilometern Naturpfad zwar total schön, aber auch recht anstrengend war. Auf dem Weg zu unserer nächsten Unterkunft (zwischen Auschecken und Einchecken) sind wir in einen Freizeitpark namens Fuji-Q-Highland gefahren und wir müssen sagen: Da waren ein paar adrenalinreiche Achterbahnkracher dabei: Eine hatte ein maximales Gefälle von 121 Grad, eine andere ist im Guinness-Buch der Rekorde wegen ihrer 14 (!) Inversionen und die nächste erreichte durch ihren pneumatischen Abschuss innerhalb von 1,8 Sekunden ihre Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h. Durchgerüttelt und lebendig hüpften wir dann ins Auto – gerade rechtzeitig, da es anschließend für den restlichen Tag geregnet hat.
2. Station – Fujikawaguchiko: Hier lag unser Ryokan direkt am See, sodass wir viel Zeit an der Uferpromenade verbracht haben. Da wir nach dem Ashi-See keine großartige Lust mehr auf Wandern hatten, haben wir uns Fahrräder gemietet und sind die 20 Kilometer auf dem hervorragend ausgebauten Fahrradweg geradelt. Außerdem stellten wir fest, dass sich ein weiteres berühmtes Fotomotiv – nämlich die Chureito Pagode – unmittelbar in unserer Nähe befand. Um den üblichen Touristenmassen zu entkommen, haben wir wieder unseren beliebten Trick 93 angewendet und sind früh morgens die 600 Stufen hinaufgehechelt. Um die Mittagszeit steht man nämlich gern mal 2 Stunden für „das perfekte Foto“ an und darauf hatte zumindest eine von uns überhaupt keine Lust. Anschließend genossen wir unseren Kaffee in der Sonne und entspannten am See.
Was wir außer Berg-Anstarren noch so gemacht haben - Teil II
3. Station – Suwa: Hier hatten wir erneut ein Ryokan direkt am See, aber dieses Mal mit Frühstück und Abendessen, sodass wir uns ein wenig wie japanische Gottheiten fühlten. Vor unserem ersten Abendessen bestellten wir unser Freigetränk in Form von Wein und Bier an der Hotelbar und fanden es so lecker, dass wir noch ein zweites hinterhertranken. Nachdem wir uns also Mut angetrunken hatten, wurden wir in ein kleines Separee geführt, in welchem bereits der erste von sicherlich 7 Gängen auf uns wartete. Das Abendessen war recht fischlastig und umfasste auch weitere, fragwürdige Gänge wie kalte Soba (Nudeln) in eiskalter Brühe. Wir probierten uns tapfer durch, waren aber am Ende froh als wir es geschafft hatten. Außerdem war nicht sicher, ob wir dasselbe Menü am nächsten Tag erneut erwarten durften – die Japaner sprechen nämlich (bis auf wenige Ausnahmen) so gut wie kein Englisch. Erschöpft fielen wir ins Bett, wachten am nächsten Morgen auf und bekamen unser authentisch japanisches Frühstück. Wie schon erwähnt, hat uns das aber nicht so sonderlich glücklich gemacht, sodass wir uns anschließend noch einen Kaffee im nahegelegenen 7-Eleven geholt haben. Anschließend mieteten wir uns erneut Fahrräder und radelten 16 Kilometer um den Suwa-See, dessen Fahrradweg noch besser ausgebaut war als der vorherige. Unseren Nachmittag verbrachten wir dann mit einer lang ersehnten Sake-Verkostung. Sake ist ein traditionelles japanisches alkoholisches Getränk, das aus fermentiertem Reis hergestellt wird und einen Alkoholgehalt zwischen 15% und 20% besitzt. Wir spazierten also in den Ortskern, wo sich gleich 5 Sake-Brauereien in einer Straße befanden. Für 2,60 Euro pro Person gab es dann in jeder Brauerei 2 bis 3 kleine Plastikbecher, in die man dann unterschiedliche Sakes füllen und probieren konnte. Wir haben also gelernt, dass Sake eine Vielzahl von Geschmacksprofilen haben kann - von trocken und mild bis hin zu fruchtig und süß. Selbstverständlich haben wir uns in allen Brauereien durchprobiert und haben uns auch so wieder auf das Abendessen vorbereitet. Zu unserer Freude handelte es sich am zweiten Abend um ein anderes Menü, welches um ca. 200% mehr unserem Geschmack entsprach als das am Vortag. Zwar war auch hier der Fischanteil hoch, aber es handelte sich immerhin nicht mehr um ganze Fische, die einen noch traurig anguckten (so wie am ersten Abend). Zufrieden fielen wir, nach dem obligatorischen Onsen-Besuch, ins Bett - äh auf unsere Futons. Vielleicht haben wir am nächsten Morgen aber das japanische Frühstück übersprungen… aber nur vielleicht.
4. Station - Magome & Tsumago: Es handelt sich hierbei um zwei bezaubernde historische Poststädte, die einst wichtige Haltepunkte auf der Handelsroute zwischen Kyoto und Edo (dem heutigen Tokio) waren. Unsere letzte Unterkunft lag also in deren Nähe und zwar in Nakatsugawa, wo wir mit ca. 5 qm² die bisher kleinste Unterkunft der gesamten Reise hatten. So wie in fast jeder dieser Unterkünfte hat sich Pierre auch hier mehrfach den Kopf gestoßen, da die Türrahmen nicht wirklich auf Menschen über 1,80 ausgelegt sind. Bei bestem Sonnenschein sind wir mit dem Zug nach Tsumago gefahren und über Magome wieder zu unserer Unterkunft gewandert – insgesamt waren es 16 Kilometer durch eine herrliche Landschaft mit dichten Wäldern, klaren Bächen und atemberaubenden Ausblicken auf die umliegenden Berge. Das Ganze war wie eine Reise zurück in die Edo-Zeit, mit historischen Teehäusern, Handwerksläden und Gasthäusern, die das Ambiente vergangener Tage bewahren.
Ihr merkt: Wir haben unsere Zeit abseits der Großstädte sehr genossen! Im nächsten Eintrag erfahrt ihr dann, weshalb uns die Mietwagenfirma beim Abgeben des Flitzers kurzzeitig genervt hat und wie unsere letzten Tage in Tokio waren.
Bis dahin wünschen wir euch eine wunderbare Woche und bis bald!