Bevor es mit unserem Kyōto-Reisebericht losgeht, hier ein Aufruf an euch! 


Hallo ihr Lieben,


es ist Sonntag, der 14.04.2024, und ihr dürft euch freuen: Wir beantworten heute nämlich die von euch am meisten gestellte Frage: "Wie geht's uns eigentlich?" Aber natürlich verraten wir euch das nicht am Anfang, sondern erst im Laufe des Eintrags - Spannungsbogen und so! Für die nächsten Einträge freuen wir uns zudem über weitere Fragen von euch, die wir beantworten! Diese dürfen ernst, lustig, skurril, sehr persönlich oder auch peinlich sein - wir werden sie (gern?) beantworten. Schreibt uns also einfach per Whatsapp, Mail, Instagram oder Liebesbrief. Einen Einsendeschluss gibt es nicht - wir nehmen sie einfach immer mal wieder zwischendurch auf! Nun aber erstmal zu unserer vergangenen Woche - viel Spaß beim Lesen. 

Kyōto - Der Magnet für Reisende


Nach unserem bierreichen Formel-1 Wochenende haben wir uns am Montag auf den Weg nach Kyōto gemacht. Nach knapp 2 Stunden Busfahrt kamen wir auch schon in der alten Kaiserstadt an - hier residierte nämlich von 794 bis 1868 der kaiserliche Hof. Heute wird die Stadt in den Reiseführern als "kulturelles Herz Japans" beschrieben, die mit Hunderten von Schreinen und buddhistischen Tempeln, stimmungsvollen Gärten, kleinen alten Gassen, historischer Architektur und hochkarätigen Museen ein absolutes Highlight für viele Japanreisende ist. Ein weiterer positiver Umstand ist, dass Kyōto von den Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs glücklicherweise als eine von wenigen Städten verschont geblieben ist. Kein Wunder also, dass sie pro Jahr etwa 50 Millionen (!) Besuchende bereist wird, denen nur etwa 1.5 Millionen Einwohner gegenüber stehen. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass gerade Patty die Stadt aufgrund dessen ganz besonders toll fand, da sie ja Menschenmassen bekanntlich liebt.

Bambuswälder und vergoldete Tempel


Eine der Hauptattraktionen der Stadt ist der Pfad durch den Sagano Bambuswald. Ein Reiseführer schreibt: "Stellen Sie sich vor, Sie blicken auf einen endlosen Pfad mit schwankenden grünen Zweigen. Die Stängel ragen weit über Sie hinaus und lassen das Sonnenlicht sanft eindringen. Der Wald scheint sowohl zu Ihrer Linken als auch zu Ihrer Rechten endlos zu sein. Das Geräusch von Laub, das in der Brise schwankt, wiegt Sie in einen tranceartigen Zustand. Vielleicht sind Sie in diesem Moment allein, oder vielleicht können Sie in der Ferne freundliche Menschen in Yukata-Kleidern und Getasandalen sehen. Diese friedliche Szene ist kein bloßer Traum – im berühmten Arashiyamas Bambuswald kann diese Szene Realität werden." Wir sagen dazu nur: Hahahah... haha... Also klar, der Weg durch den Bambuswald ist für uns europäisch geprägten Tannenbaum-Kennende sicherlich was Schönes, aber jetzt bestimmt kein Orgasmus für alle Sinne. Und schon gar nicht ruhig und beschaulich. Nicht kurz nach Sonnenaufgang, ganz bestimmt nicht zur Mittagszeit und auch nicht abends. Während Pierre die Menschenmassen übrigens immer ganz gut ausblenden kann, zählt das nicht zu Patty's Fähigkeiten. Während sie also von den anderen Reisenden durch den Wald geschoben wurde, gab sie ihr unnützes Wissen zum Thema Bambus von sich: "Da die Pflanze schnell wächst, wurde sie noch bis zum Zweiten Weltkrieg zur Folter eingesetzt. Das Opfer wird dazu auf einem Bambusspross fixiert, der dann in den Körper hineinwächst, die Organe schädigt und schließlich tötet." Anschließend liefen wir noch zu einem weiteren, sehr kurzen Bambusweg im Tempel Adashino-Nenbutsuji, der als Geheimtipp galt. Wir halten auch hier fest: Das Geheimnis ist zwar alles andere als geheim, aber es war trotzdem ganz schön. Am besten war jedoch der 20-minütige Spaziergang durch kleine Dörfchen, um vom einen Bambuswald zum anderen zu gelangen. Wir liefen durch die Sonne an kleinen Geschäften vorbei, in denen hauptsächlich Tee, Blumensteckkunst und zahlreiche Töpfereiformen angeboten wurden.


Anschließend machten wir uns auf den Weg zum Kinkaku-ji, dem Goldenen Pavillon. Zugegebenermaßen ist der ganz cool, da die oberen Stockwerke vollkommen mit Blattgold verziert sind und sich vor ihm ein Gewässer befindet, der den Namen "Spiegelteich" auch verdient hat. Das dachten sich aber auch die anderen 27912936 Reisenden, die wie wild Fotos aus den unmöglichsten Winkeln schossen und auch diese Sehenswürdigkeit zu einer Zerreißprobe für die Nerven werden ließ. Erschöpft setzten wir uns in einen Ramen-Laden, schlürften unsere Nudelsuppe und fuhren in unsere Unterkunft. 

Ein Schrein voller Füchse: Der Fushimi-Inari


Bei unserer Recherche nach den schönsten, tollsten und besten Sehenswürdigkeiten sind wir natürlich auch über den Fushimi-Inari Schrein gestolpert, der am Fuße des Inariyama-Hügels liegt. "Was ist denn eigentlich genau ein Schrein?", fragten wir uns und lernten mal wieder was Neues: Es handelt sich dabei um die Kultorte der japanischen Religion, die als Shintoismus (oder kurz Shintō) bezeichnet wird. Bei den Shintō-Schreinen handelt es sich also um das religiöse Pendant zu den buddhistischen Tempeln. Der von uns besuchte Ort ist der Hauptschrein der Gottheit Inari. Er/sie/es ist die Gottheit des Reises, der Ernte und der Fruchtbarkeit und eine der berühmtesten und beliebtesten Gottheiten Japans. Obwohl Inari heute oft als Fuchs dargestellt wird, der in seinem Maul eine Sichel, einen Weizenkeim oder den Schlüssel zum Getreidespeicher hält, war dies nicht immer so. Ursprünglich machte man einen klaren Unterschied zwischen der Gottheit selbst und den Füchsen (Kitsune), die sie als Gefährten und Götterboten auswählte. Wie dem auch sei: Patty als Fuchs-Fan war natürlich völlig außer sich vor Freude und hat nun tausende Fuchs-Fotos. Ein weiteres cooles Fotomotiv sind zudem die rot-orangenen Torii-Schreintore, die den Weg zur Spitze des 233 Meter hohen Hügels säumen. Die Tore sind übrigens allesamt von Individuen oder Firmen in der Hoffnung auf Segen und Wohlstand gesponsored worden. Es handelt sich bei den Zeichen aus schwarzer Tinte also nicht um uralte, bedeutungsschwangere Inschriften, sondern um die Namen der Spender. Ab und zu sind wir auch an einer Ema vorbeigekommen, einer weißen (Fuchs)-Wunschtafel aus Holz, auf die man eine Bitte an Inari schreiben kann. Natürlich waren auch hier wieder gefühlt alle Reisenden der Welt versammelt, aber zum Glück konnten wir auf die sportliche Faulheit der Menschen zählen: Je höher wir auf den Hügel stiegen, desto weniger Menschen waren um uns herum. Ein Hoch auf die Sportmuffel! 

Unser Kyōto-Abschluss: Viele Menschen & schlechte Recherche


An unserem letzten Kyōto-Tag haben wir uns touristisch dann den Rest gegeben: Da wir in dem 45 Minuten entfernten Osaka erst um 16 Uhr einchecken konnten, haben wir uns noch den Kiyomizu-dera, einen hölzernen Tempel auf Pfeilern an einem Berghang, angeguckt. Die Mittagssonne brannte uns auf den Kopf und die Menschen vervielfachten sich gefühlt immer da, wo wir auch gerade standen. Irgendwann mussten wir dann aufgeben, da Patty wirklich (!) genervt war - das erste Mal, dass uns das bisher passiert ist. Wir haben erneut festgestellt, weshalb man lieber sehr früh oder sehr spät an Sehenswürdigkeiten sein sollte und nicht gegen 12 Uhr: Zu dieser Zeit haben die Menschen nämlich gerade nervige Energie durch's Mittagessen getankt und Fotos werden durch die Sonneneinstrahlung besonders hässlich. Wir werden dieses Wissen zukünftig (wieder) beherzigen. Aber keine Sorge, eine Aufmunterung fanden wir recht schnell in einem abgedrehten Café, das seine Speisen mit Kohle schwarz gefärbt und leckeren Kaffee serviert hat.


Für unseren Weg von Kyōto nach Osaka hatte Patty dann noch was Besonderes herausgesucht: Eine Fahrt mit einer edlen Lokalbahn, deren Design einem tra­di­tio­nel­len Machiya-Stadt­haus nachempfunden wurde: Die verwendeten Holztäfelungen, holzbedruckten Tapeten, Tatami-Strohkopfstützen und Washi-Papierposter sollen nämlich die Atmosphäre der alten Häuser erzeugen, die für die Kyōto-Händlerklasse gebaut wurden. Das Beste an diesem besonderen Zug, der nur an Wochenenden fährt: Er fährt ganz auf der normalen U-Bahn-Linie zwischen den Städten und kostet so viel wie eine reguläre Fahrt - in diesem Fall also 3,50 € pro Person. Wir schnappten also unsere Backpacks, liefen zur Station, kauften die Tickets und hüpfen in die nächste Bahn. Die Ernüchterung stellte sich jedoch recht schnell ein, da es sich um eine ziemlich normale Bahn zu handeln schien. Und tatsächlich: Patty's Recherche ließ zu wünschen übrig! Zwar fährt der Sonderzug auf der normalen U-Bahnlinie, aber nicht jede U-Bahn ist auch so eine coole U-Bahn. Ein Fakt, den Patty wohl irgendwie überlesen hat. So standen wir also in der ollen Bahn inmitten der studentischen Schwimmmannschaft der Uni Osaka und juckelten über die Schienen. Aber hey: Wir sind in angekommen! 

Man, wie geht es euch denn nun?


Nun aber zu der eingangs gestellten Frage: Wie geht es uns denn eigentlich? Wir könnten mit der klassischen Postkarten-Floskel "uns geht es gut" antworten und im Endeffekt wäre das nicht gelogen, aber für euch auch gern ausführlicher: Vor der Reise konnten wir natürlich null einschätzen, ob und wie es uns gefällt, wenn wir den jeweils anderen rund um die Uhr sehen würden. So ein Szenario hatten wir ja auch bislang nur im Urlaub und da dann maximal 3 Wochen am Stück. Aber wir können sagen: Das klappt erstaunlich gut! Was so unsere Unternehmungen angeht, haben wir ein ähnliches Energie- und Fitnesslevel, was gemeinsame Aktivitäten auch einfacher macht. Außerdem sind wir beide recht pflegeleicht, wenn es um's Essen, Unterkünfte oder skurrile Situationen geht: Wir verfallen also beide nicht in große Gefühlsausbrüche, wenn das Essen mal nicht schmeckt, im Zimmer eine große Spinne sitzt oder dem jeweils anderen mal ein Flop passiert. Wir muntern uns gegenseitig auf, gönnen uns (oder dem jeweils Anderen) genug Pausen und checken oft genug den gegenseitigen Gefühlszustand. Ab und zu machen wir auch einfach Dinge allein wie z.B. Sport, ein Telefonat mit den Liebsten, ein Nickerchen oder oder oder, um auch mal Zeit für sich zu haben. Natürlich gibt es auch Momente, in denen wir uns auf den Geist gehen. Patty ist z.B. ungenießbar, wenn sie hungrig ist und Pierre ist schwierig einzuschätzen, wenn er seine Gedanken und Gefühle eher für sich behält als sie klar zu artikulieren. Aber wer uns kennt, weiß, dass das immer so ist und nicht nur auf Reisen. Und da auch wir einander mittlerweile ganz gut kennen, wissen wir auch damit recht entspannt umzugehen. In den letzten Monaten gab es dann auch immer mal wieder Phasen, in denen unterschiedliche Sachen nicht passten. Zum Beispiel war Patty für die Reiserouten durch Thailand, Malaysia und Sri Lanka verantwortlich, da sie halt einfach die Planerin von uns beiden ist. Die ständige Verantwortung über Abfahrzeiten, Streckenplanung und Kommunikation mit den Unterkünften war dann auf Dauer aber einfach ein wenig viel. Eine Lösung war dann aber fix gefunden: Wir haben entschieden, dass sich Pierre um die Japan-Route kümmert und sich Patty zurücklehnen kann - gesagt, getan! Ein weiteres Beispiel ist, dass wir uns vor allem nach Thailand etwas einsam gefühlt haben. Da wir keine mitreisenden Lieben mehr an unserer Seite hatten und auch nur wenig neue Leute kennengelernt haben, hat vor allem Patty der Austausch mit anderen Menschen gefehlt. Aber auch für sowas haben wir dann recht fix Lösungen gefunden: Geführte Touren, Verabredungen mit neuen Leuten aus der Reise-Community oder auch unsere Woche im Surf-Camp haben wieder frische Inspirationen gebracht. Ihr merkt: Generell geht es uns also gut und wenn es das nicht tut, finden wir recht schnell eine Lösung.


Zur aktuellen Gefühlslage: Nach Tokio, Kyōto, Osaka und Kobe wird vor allem Patty eine Pause von Großstädten brauchen, auf die steht sie nämlich nicht so sonderlich. Zwar ist geplant, dass es wieder zurück nach Tokio geht, aber wann und über welche Zwischenstopps ist noch nicht klar. Eventuell wird sich Patty also doch noch ein bisschen in die Japan-Rückweg-Planung einschalten. Außerdem wissen wir nicht so richtig, wie es anschließend weitergehen soll. Ursprünglich wollten wir nach Japan ja Asien verlassen und nach Afrika weiter, aber da machen wir gerade eine Fragezeichen dran: Wollen wir wirklich direkt eine Rundreise durch ein afrikanisches Land oder machen wir vielleicht doch noch einen Zwischenstopp z.B. zum Surfen? Wir sind also unentschlossen, aber recht entspannt: Wir sind uns sicher, dass sich die Antwort in den kommenden Tagen ergeben wird. Für Anregungen sind wir natürlich auch hier offen!

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