Hallo ihr Lieben,
heute ist Samstag, der 16.11.2024, und heute nehmen wir euch mit in ein Land, mit dem wir ehrlicherweise – bevor es auf unsere Reiseliste kam – nicht sonderlich viel anfangen konnten. Wo wir waren? Mal sehen, ob ihr es anhand der Fakten erratet! Aaalso: der Name der heutigen Republik geht auf die indigene Bedeutung Quauhtlemallan zurück, die so viel bedeutet wie “Land der vielen Bäume”. Es liegt im Herzen Zentralamerikas zwischen dem Pazifik und dem Karibischem Meer und bietet grüne Dschungel, tiefblaue Bergseen und Lava spuckende Vulkane. Das Land hat rund 17 Millionen Einwohner, von denen etwa die Hälfte indigener Abstammung ist und zählt zu den ärmeren Ländern in Lateinamerika – ganze 59% der Bevölkerung leben hier nämlich unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Bis zur Ankunft des Entdeckers Christoph Kolumbus war die Geschichte des Staates von der Maya-Kultur geprägt. Das Volk bewohnte das Gebiet bereits lange vor der christlichen Zeitenwende, wovon bis heute zahlreiche Ruinen erzählen. Mit dem ollen Chris begann jedoch die Herrschaft der spanischen Krone, die die Ureinwohner sukzessive enteignete und damit entmachtete. So, genug Hinweise!
Na, seid ihr auf die Antwort gekommen? Richtig! Wir waren in Guatemala. Wie es dazu kam? Erfreulicherweise hat sich Marie, Pattys beste Freundin, erneut für eine weitere gemeinsame Etappe begeistern können und hat uns mit geschicktem Marketing von unseren nächsten zwei Reisezielen überzeugt: Guatemala und Mexiko. Wer vor lauter Aufregung vergessen hat, woher ihr Marie kennt, hier eine kleine Auffrischung: mit ihr und Jonas haben wir unsere Weltreise vor knapp 11 Monaten in Kambodscha gestartet. Freut euch also heute auf die mehr oder weniger schöne Hauptstadt, einen unfassbar idyllischen See, wunderbare Handwerkskunst, eine süße Kolonialstadt sowie unsere Wanderung auf einen aktiven (!) Vulkan. Wer dabei jetzt schon Herzklopfen bekommt, dem raten wir einen Beruhigungstee (oder -schnaps), denn eines ist sicher: es wird wild in den kommenden Zeilen. Und damit wünschen wir euch viel Spaß beim Lesen.
Guatemala Stadt: Juhu, Marie ist wieder da!
Nachdem wir „unser“ Peru mit einem weinenden Auge verlassen hatten, flogen wir mit einem lachenden Auge nach Guatemala Stadt, da wir dort bald Marie wiedersehen würden. Die Hauptstadt des Landes hat etwa 3 Millionen Einwohner im Stadtgebiet und rund 5 Millionen Menschen in der Metropolregion. Damit ist sie nicht nur die größte Stadt des Landes, sondern auch die bevölkerungsreichste Stadt in Zentralamerika. Und natürlich gilt sie – wie sollte es in einem solch armen Land auch anders sein – als nicht besonders sicher. Wir waren also gespannt, wie wir uns dort fühlen würden. Wir hatten uns eine süße Airbnb-Wohnung in „Zone 10“ gemietet, in der wir – entgegen unserer Erwartungen - viele moderne Hochhäuser, elegante Restaurants und moderne Shopping-Malls vorfanden. Letztere waren gigantisch und teilweise fast westlicher als mancher europäische Konsumtempel – definitiv eine Überraschung. Außerdem hatten wir in unserem Gebäudekomplex ein Fitnessstudio, in dem Patty jeden Tag das Spinning-Rad betätigte: sie wollte schließlich bein-technisch auf unsere anstehende Vulkantour vorbereitet sein, aber dazu später mehr… viel mehr!
Nach ein paar Tagen war es dann soweit: mit einem liebevoll gebastelten Schild holten wir Marie endlich vom Flughafen ab! Eigentlich hätte sie bereits einen Tag vorher ankommen sollen, aber der Reisegott hatte mal wieder andere Pläne und ließ kurzerhand ihre Flüge ausfallen. Entsprechend nur so halb entspannt, aber mit ihrem typischen sonnigen Lächeln, kam sie dann aber schließlich doch an. Am nächsten Tag spazierten wir dann gemeinsam durch das historische Zentrum in Zone 1. Zwar waren die Kathedrale und der Kulturpalast hübsch anzusehen, aber die Atmosphäre konnte uns nicht so sonderlich umhauen. Die dortige Flaniermeile war zwar lebendig, wirkte jedoch ein bisschen in die Jahre gekommen, und überzeugte uns durch die Präsenz aller (!) amerikanischen Fast-Food-Ketten kulinarisch nun auch nicht so sonderlich. So spazierten wir aus dem Zentrum raus und fanden ein gemütliches Viertel, das uns mit seinen kleinen Restaurants und Cafés deutlich mehr zusagte. Wir tranken glücklich unsere Kaffees, spielten eine Runde Wizard (ein Kartenspiel, in dem Patty überraschend schlecht ist) und holten anschließend noch Bargeld ab. Am nächsten Tag wurden wir nämlich direkt an unserer Haustür von einem Shuttle-Bus abgeholt, um zu unserer nächsten Station aufzubrechen: dem Atitlán-See.
Atitlán-See: Einfach nur WOW (nee, nicht World of Warcraft...)
Unser erstes „richtiges“ Ziel war der von Vulkanen umgebene Bergsee namens Lago de Atitlán, wo wir uns eine wunderschöne Unterkunft mit großer Glasfront und direktem Seeblick gebucht hatten. Um dorthin zu kommen, quetschte man uns zunächst in ein viel zu kleines Tuktuk, in das wir mit unserem ganzen Gepäck nur so halb reinpassten. Während Pierre und Marie also ihre Gliedmaßen kaum noch spürten, hing Pattys Bein aus Platzgründen einfach raus und so hofften wir einfach, dass das Ganze – so wie immer – schon irgendwie gut gehen würde. Ging’s natürlich auch. Und entschädigt wurden wir mit dem atemberaubenden Blick über den Atitlán-See: eingebettet zwischen hoch aufragenden Vulkanen und grünen Hängen, liegt der tiefblaue See ruhig und mystisch in der Landschaft, während kleine Boote über die Wasseroberfläche gleiten. Als wir da so kurz vor Sonnenuntergang auf unserem Balkon saßen, herrschte durch die in den Bergen hängenden Wolken eine irgendwie magische Atmosphäre. Nach dem Sonnenuntergang rafften wir uns dann auf und aßen unten im Dörfchen Panajachel einen abendlichen Burrito. Das liebevoll auch „Pana“ genannte Örtchen ist das wohl lebhafteste und touristisch am besten erschlossene Dorf am Atitlán-See: es liegt auf der Nordseite des Sees und ist von den Vulkanen Tolimán, Atitlán und San Pedro umgeben. Die Straßen von Panajachel sind gesäumt von Cafés, kleinen Läden und bunten Märkten und uns gefiel der gesellige Trubel.
Für den nächsten Tag hatten wir eine Bootstour inkl. dem Besuch mehrerer kleiner Dörfer gebucht. Der erste Stopp war in einem traditionsreichen Dorf, in dem wir eine lokale Töpferei besichtigt haben. Marie hätte am liebsten den halben Laden gekauft, entschied sich dann aber doch gegen die Mitbringsel aus dem liebevoll gestalteten Keramik. Zudem besuchten wir einen Aussichtspunkt, an dem Antoine de Saint-Exupéry, der Autor von "Der kleine Prinz", seine Inspiration für die berühmte Zeichnung des „Elefanten in der Schlange“ gefunden haben soll. Im Nachgang finden wir heraus, dass es keine bestätigten Hinweise darauf gibt, dass er tatsächlich musisch hier geküsst wurde. Der Gedanke, dass die berühmte Szene etwas mit der Landschaft des Atitlán-Sees zu tun haben könnte, ist also eher eine kreative Assoziation von Fans, die in den magischen Landschaften Guatemalas gerne die Kulisse für die fantasievolle Geschichte gesehen hätten.
Anschließend besuchten wir ein zweites Dörfchen, durch welches wir mit Tuktuks zu mehreren kleinen Stopps wie einer Kirche, einem Aussichtspunkt und natürlich einem Mittagessen gefahren wurden. Zum Abschluss besuchten wir San Juan La Laguna, das für seine handwerklichen Traditionen und den nachhaltigen Tourismus bekannt ist. Und ratet mal, was wir zuerst besucht haben? Klar, eine Imkerei. Was auch sonst, hm? Wir staunten jedenfalls nicht schlecht, denn die dortigen Bienen sahen zum einen aus wie merkwürdige Fliegen und produzierten (neben klassischem Honig) zum anderen auch einen eher nach Essig schmeckenden Honig. Wieso? Naja, hier essen Maja und Willy eben auch Zitrusfrüchte, sodass ihre Produkte deutlich mehr Säure enthalten. So packten wir kurzerhand einen summenden Bienenstock in unseren Rucksack, bevor wir in eine lokale Weberei besuchten. Die Weberinnen nutzen hier natürliche Farbstoffe und traditionelle Muster, um die wunderschönen Textilien herzustellen. Wir mochten sehr, dass die handwerklichen Werkstätten hier von den Dorfbewohnern geführt werden und nachhaltige Produktionsmethoden fördern – weit weg von einer industriellen Herstellung, die wir in vielen anderen Teilen der Welt kennengelernt haben. Glücklich und zufrieden düsten wir dann mit unserem motorisierten Boot wieder zurück nach Panajachel, wo wir den Abend entspannt ausklingen ließen, bevor wir am nächsten Morgen von einem kleinen Shuttle-Bus in das süße Kolonialstädtchen Antigua gebracht wurden. Hier hatten wir jedoch erstmal „nur“ einen Nachmittag Zeit, denn am nächsten Tag sollten wir schon zu der wohl anstrengendsten Wanderung aufbrechen, die wir alle je gemacht haben.
Wanderung auf den Vulkan Acatenango: Auf nach Mordor
Guatemala ist nicht nur das Herz der Maya-Kultur, sondern auch das Land der Vulkane – hier gibt es satte 37 Lavahügel, von denen ein paar sogar noch richtig als Feuerspucker aktiv sind. Und als ob das nicht bereits aus der Ferne genug wäre, kann man – wenn man eine 2-Tages Wanderung auf den Vulkan Acatenango unternimmt – dessen feuerspeienden Nachbarn namens Vulkan Fuego ganz aus der Nähe betrachten. Und wie sollte es anders sein? Wir als unerschrockene Vulkanologen folgten also einer Empfehlung und besuchten das spektakuläre Vulkan-Duo. Der Volcán de Fuego glänzt übrigens nicht nur mit einem unglaublich dramatischen Namen (übersetzt: „Feuervulkan“), sondern ist auch einer der aktivsten Vulkane von Mittelamerika. Ist es daher nicht irgendwie besorgniserregend, dass wir stundenlang auf den einen aktiven Vulkan wandern, nur um seinen Zwilling direkt gegenüber Feuer, Rauch und eruptiertes Magma spucken zu sehen? Oh, und dass wir dafür auf 3.600 Metern Höhe bei Temperaturen um den Gefrierpunkt übernachten mussten? Nun ja, wir haben nicht umsonst unseren Eltern jeweils erst im Nachgang berichtet – sie wären im Vorfeld vermutlich eher nur so medium begeistert über diese Idee gewesen – haha.
Wie es uns so gefallen hat? Habt ihr „der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien gelesen und/oder gesehen? Kurz zur Auffrischung: in der epischen Romantrilogie geht es um den Kampf zwischen Gut und Böse und die Reise eines Hobbits, Frodo Beutlin, der die Welt vor einem gefährlichen Artefakt, dem „einen Ring,“ retten soll. Der Ring wurde von Sauron, dem Dunklen Herrscher, geschaffen und verleiht seinem Träger ungeheure Macht, korrumpiert aber zugleich dessen Geist. Frodo erhält den Auftrag, den Ring zum feuerspuckenden Schicksalsberg im finsteren Land Mordor zu bringen, wo er einst geschmiedet wurde und wo er auch nur zerstört werden kann. Die Antwort zur ersten Frage des Absatzes lautet also entsprechend: wir waren Frodo.
Aber jetzt die ganze Geschichte von Anfang an: nachdem wir in Peru ja zum ersten Mal erleben durften, wie extrem anstrengend das Wandern in der Höhe ist, konnten wir bereits erahnen, dass es (mal wieder) eine Tortur werden würde. Und auch die Reiseberichte, die wir im Vorfeld dazu durchstöbert hatten, warnten vor der Herausforderung. Und so packten wir also früh morgens aufgeregt unsere Backpacks. Naja, Marie und Patty zumindest – Pierre war wie immer die Ruhe selbst – aber das wird euch kaum mehr verwundern. Und so landeten jeweils 3 Liter Wasser, eine Regenjacke, ein Pulli, unsere Kameras, ein paar Snacks und eine Stirnlampe in unseren Reisebegleitern, bevor wir von einem Van voll weiterer Mitwanderer abgeholt wurden. Die Stimmung war positiv, aber auch merklich angespannt – vermutlich wusste keiner so richtig, ob und wie er diese Herausforderung meistern würde. Nach einer knappen Stunde kamen wir am Büro unseres Tourenanbieters an, das am Fuße des zu bewandernden Vulkans Acatenango liegt. Dort lauschten wir einer kurzen Einweisung, bekamen Lunchpakete und durften uns dicke Jacken, Socken, Mützen und Handschuhe ausleihen. Die Sachen passten natürlich alle nur so medium gut und waren auch schon durch viiiele Wander-Hände gegangen, aber irgendwie hatten am Ende doch alle ihre Ausrüstung parat. Mit nun sehr vollen Rucksäcken (ca. 12 Kilo) machten wir uns dann gegen ca. 10:00 Uhr auf den Weg, wobei unsere Gruppe aus ca. 30 Abenteuerlustigen sowie 5 Guides bestand. Wir starten auf 2.300 Höhenmetern und es liegen nur so schlappe 1.300 Meter Steigung und rund fünf Stunden Aufstieg vor uns. Und während wir in den zuvor gelesenen Reiseberichten von Trockenheit, viel Sonne und staubigem Lava Sand gelesen hatten, stellten wir fest, dass das irgendwie nicht für unsere Reisezeit galt. Wir stapften nämlich bei nass-kaltem Wetter los.
Und wie sollte es anders sein? Es ging direkt steil nach oben – ein Einstieg ohne Gnade. Ein Gespräch mit den Mitstreitenden war (zumindest uns) nicht mehr möglich, jeder Gedanke wurde direkt im schweren Keuchen erstickt. Und so kämpften wir uns auf dem feuchten und sandig-rutschigen Untergrund den extrem abschüssigen Vulkan empor. Und wer jetzt denkt, dass es – so wie bei gefühlt allen anderen Wanderungen – auch mal gerade Teilstücke gibt, den müssen wir enttäuschen: die ersten 4 Stunden es ging ausschließlich (!) bergauf. Nach einer Stunde fing es dann auch an zu nieseln, sodass sich unsere Gruppe recht schnell in eine Regenjacken-Armada verwandelte. Nach knapp 2:30 Stunden legten wir einen längeren Halt ein und mampften gemeinsam unsere Lunchpakete. Es war trotz der Nässe und der Anstrengung schön zu sehen, dass niemand (so wirklich) nach Aufgeben aussah, sondern sich alle irgendwie gemeinsam da hoch kämpfen wollten. Und formten sich irgendwie bereits unterwegs ein paar Vulkan-Freundschaften, die auf gegenseitigem Motivieren basierten. Nach der Stärkung marschierten wir dann weiter und summten ab und zu die Titelmelodie von „der Herr der Ringe“, bevor wir dann wieder bitterlich nach Luft rangen. Je höher wir kamen, desto anstrengender wurde es – mal wieder fehlte merklich der Sauerstoff, sodass sich jeder Schritt anfühlte, als würde die Lunge gleich aus dem Brustkorb platzen. Aufgrund der Wolken und des dichten Nebels konnten wir während der gesamten Wanderung übrigens weder die vermutlich tolle Aussicht, noch den Vulkan Fuego sehen. Und so fragten wir uns, ob sich diese verdammte Anstrengung überhaupt lohnen würde… Die letzte Stunde führte dann nur noch leicht(er) bergauf und bergab – denn dort führte der Weg recht eben um den Acatenango herum. Dort oben wurde es dann merklich kühler und auch die Landschaft deutlich kahler.
Wir sammelten unsere letzten Kräfte und erreichten gegen 15 Uhr dann endlich das Basecamp! Wir liebten unseren Anbieter dafür, dass es dort kleine Hütten gab, die bereits mit Matratzen und Schlafsäcken ausgestattet waren. Andere Unternehmen stellen nämlich ausschließlich dünnwandige Zelte zur Verfügung: bei nass-kalten Temperaturen um den Gefrierpunkt haben wir gut darauf verzichten können. So richteten wir zunächst unser natürlich unbeheiztes Dreier-Bungalow ein und machten eine kurze Pause. Bei der Inspektion der Matratzen stellten wir dabei fest, dass das in der Mitte befindliche Exemplar nochmal gute 15 Zentimeter schmaler war, als die anderen beiden Unterlagen. Und während sich Pierre und Marie königlich auf ihren schier unendlich großen Betten wenigstens umdrehen konnten, musste Patty hingegen wie Graf Dracula schlafen. Danke für Nichts! Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir den Fuego übrigens nur Grollen hören – die dichte Nebelwand ließ einfach keinen Blick auf ihn zu. Als sich Patty dann nach der Pause zum Plumpsklo aufmachte, war es plötzlich so weit: der Nebel hatte ein Guckloch geöffnet und zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie einen lavaspuckenden Vulkan. Ein echter Gänsehautmoment: so gefährlich und so beeindruckend zugleich. Die Anstrengung hatte sich tatsächlich gelohnt und abends verzog sich der Nebel dann tatsächlich auch für ein paar Stunden gänzlich. Das Abendessen wurde in der verrauchten Gemeinschaftshütte um eine Feuerstelle herum serviert. Es gibt typisch guatemaltekisches Essen, nichts Besonderes, aber es ist warm, mit Liebe gekocht und macht satt. Währenddessen sitzen wir am Lagerfeuer und unterhalten uns mit den anderen Wanderkumpanen. Als Nachtisch gibt es zwischen den Vulkanausbrüchen noch Marshmallows und eine heiße Schokolade. Das tut richtig gut, denn es wird bereits unangenehm kalt hier oben. Unser Kleidungs-Schichtsystem mit den ausgeliehenen Sachen funktionierte bei uns Dreien recht gut und wir schliefen auch alle mehr oder weniger erstaunlicherweise in Ordnung.
Morgens - naja, obwohl… es war eher nachts - um 3:50 Uhr klopften dann die Guides mit einem lauten „Vamos“ (Los geht’s!) an die Hütten. Tja , wer einen Sonnenaufgang über den Wolken will, muss eben leiden. Und so wartete ein weiterer anstrengender und steiler Aufstieg zum Gipfel auf uns. Und auch wenn es „nur“ knapp 400 Höhenmeter waren, wirkte dieses ca. 1-stündige Sportprogramm im Dunkeln (nur mit einer Stirnlampe ausgestattet) und ohne Kaffee eher wie ein nächtlicher Albtraum. Und trotz der Anstrengung war es wunderschön, den Fuego in dieser sternklaren Nacht ab und zu Feuer spucken zu sehen. Keuchend am Gipfel des Acatenango auf fast 4000 Höhenmeter angekommen, wurden wir dann von den ersten wunderschönen Sonnenstrahlen begrüßt. Nach all den Strapazen fühlte sich die Atmosphäre so weit oben einfach wie von einer anderen Welt an. Bei all der Magie dort oben hätten wir fast vergessen, dass es verdammt kalt und extrem windig war – wir hatten das Gefühl, fast auf den Fuego geweht zu werden. Und urplötzlich tauchte die Nebelwand wieder auf. Unsere Guides riefen uns entsprechend eilig wieder zusammen und leiteten den Abstieg ein. Wir warfen noch Frodo-ähnlich – zumindest gedanklich - den verdammten Ring in den feuerspuckenden Krater und gingen zurück ins Base Camp. Mittlerweile schenkte uns das noch müde Tageslicht ein wenig Sicht und so düsen wir durch den feinen schwarzen Vulkansand abwärts zu unserem Frühstück. Nach den überraschend guten Pancakes und einem nur medium leckeren Kaffee, packten wir unsere sieben klammen Sachen zusammen und machten uns auf den Rückweg – im heute strömenden Regen. Joa und Überraschung: wenn es steil bergauf geht, dann geht es leider auch steil bergab – man könnte es auch einfach als „knieunfreundlich“ betiteln. Und während wir am Vortag zu den soliden Mittelwanderern gehörten, führten wir an diesem Morgen das Geschwader an - langsam runter laufen ging einfach nicht. Obwohl wir recht rasant unterwegs sind, landete nur Marie ein Mal auf ihrem Allerwertesten - anders geht es da den Sneaker- und Turnschuhträgern, die unsanft den Berg hinunterschlittern. Ein Hoch auf unsere Wanderschuhe! Nach der letzten Pause kann Patty nicht anders: die verbleibenden 20 Minuten rannte sie die nasche Asche runter – unten wartete schließlich ein kühles Bier auf alle Überlebenden. Nach insgesamt 3 Stunden Abstieg hatte uns der Startpunkt wieder: verregnet, verschwitzt, verdreckt und überglücklich! Wir hatten die wohl bislang schwierigste Wanderung unserer Leben lebend hinter uns gebracht. Lächelnd prosteten wir uns zu und verabredeten uns mit einigen lieben Mitwandernden zu einem abendlichen Umtrunk – Patty würde schließlich um Mitternacht Geburtstag haben. Zu diesem Zeitpunkt war sich zwar niemand so sicher, ob man nicht vorher in einen tiefen Winterschlaf fallen würde, aaaber der Wille war da. Nachdem wir dann unsere ausgeliehenen, nicht mehr ganz frischen, Sachen zurückgegeben hatten, wurden wir mit dem Bus wieder zurück nach Antigua gebracht, wo wir dann alle erstmal für eine laaaange Zeit unter der Dusche verschwanden. Ein wirklich einmaliges Abenteuer liegt nun hinter uns… und jetzt wollen wir wirklich nichts mehr von diesen Höhen wissen – Frodo kann seinen Sch**** in Zukunft selbst machen – haha.
Antigua: Happy Birthday in einer alten Kolonialstadt
Abends nach unserer Vulkantour schafften wir es tatsächlich, uns mit unseren lieben Fuego-Mitwandernden in einer kleinen Brauerei zu treffen, um auf unseren Erfolg anzustoßen. Als wir merkten, dass das Bier die Lebensgeister beflügelt, waren wir sicher: Wir schaffen es, in Patty’s Geburtstag reinzufeiern. Und so zogen wir mit unseren Gefährten noch in zwei weitere Bars weiter und tranken den wohl schlimmsten Ehrentags-Shot, den es geben konnte: einen viel zu warmen Mezcal. Der aus Agaven hergestellte, hochprozentige Schnaps hatte einen fiesen Tequila-Moment und bildete einen schrecklichen und zugleich lustigen Abschluss unserer Vulkan-Tage.
Während Pierre dann am nächsten Morgen ausschlief (und dann einen sehr süßen Geburtstagstisch vorbereitete), gingen Marie und Patty einen leckeren Kaffee in einem süßen Café trinken. Anschließend bummelten wir mit Muskelkater aus der Unterwelt gemeinsam ein bisschen durch die Gassen Antiguas. Die malerische UNESCO-Weltkulturerbe Stadt mit ihren pastellfarbenen Gebäuden, kopfsteinbepflasterten Straßen und hübschen Kolonialbauten erinnerte uns ein wenig ans Cusco. Nachmittags nahmen wir dann noch an einem Schokoladen-Workshop im städtischen Schokoladenmuseum teil. Dort hatten Frauke und Jo, zwei unserer witzigen Weggefährten, bereits morgens heimlich Bescheid gesagt, dass ein Geburtstagskind kommen würde und so wurde Patty mit vielen (!) Geburtstagsständchen und Schokokuchen überrascht. Anschließend hüpfte Pierre noch schnell zum Friseur, während sich Marie und Patty noch zum Cerro de la Cruz hochschleppten – einem Aussichtspunkt nördlich der Stadt auf einem Hügel, den man über viele Treppen erklimmen muss.
Oben angekommen, bot sich ein spektakulärer Blick auf die breiten Straßen und den Vulkan Agua dahinter. Hier stellten wir uns dann die Frage, wie gefährlich unsere Vulkanwanderung eigentlich war und fanden heraus, dass der schwerste Ausbruch der letzten Jahre in 2018 war. Zu diesem Zeitpunkt musste die gesamte Gegend evakuiert werden und über 100 Menschen haben ihr Leben verloren. Wir lächelten uns müde an und waren wirklich froh, dass wir das Ganze überlebt haben. Bei einem leckeren Mexikaner ließen wir den Abend dann ausklingen, bevor wir am nächsten Morgen direkt zum Flughafen gebracht wurden. Schließlich wartete noch ein zweites Land auf uns drei Abenteuerwütigen: Mexiko. Packt also eure Sombreros aus und freut euch auf den nächsten Beitrag! Olé!
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