Hallo ihr Lieben,
heute ist Dienstag, der 27.08.2024, und im heutigen Beitrag wird es im wahrsten Sinne des Wortes animalisch. Macht euch am besten euer Lieblingslied aus dem "König der Löwen" an und begleitet uns auf unseren Pirschfahrten durch den Etosha Nationalpark sowie durch zwei private Wildreservate. Was das sein soll? Erklären wir natürlich gleich - wir wussten nämlich bis vor Kurzem auch nicht, dass es sowas überhaupt gibt.
Etosha Nationalpark: The Circle of Life
Nachdem wir das beeindruckende Volk der Himba besuchen durften, haben wir uns in Richtung des Etosha-Nationalparks aufgemacht. Etosha heißt frei übersetzt „großer weißer Ort“ und kommt aus der Sprache der Ovambo. Warum? Nunja, das Hauptmerkmal des Parks ist die Salzpfanne, die mit einer Länge von 130 und einer Breite von 50 Kilometern sogar aus dem Weltall sichtbar ist. Bezüglich der Entstehung gibt es zwei mögliche Erklärungen: Nummer eins geht davon aus, dass vor ca. 16.000 Jahren der Fluss Kunene aus Angola bis nach Etosha floss und für einige Zeit einen tiefen See bildete. Später änderte sich der Verlauf des Flusses aufgrund von tektonischen Plattenbewegungen in Richtung Atlantik und führte zum langsamen Austrocknen des Sees, bis schließlich eine Salzpfanne zurück blieb. Erklärung Nummer zwei ist eine Geschichte, die sich das Volk der San erzählt: die Legende dreht sich um ein Mädchen, das mit ansehen musste, wie alle Bewohner:innen ihres Dorfes getötet wurden. Daraufhin weinte sie so sehr, dass ihre Tränen einen See bildeten, der durch die Sonne austrocknete. Wir finden jedenfalls, dass die zweite Erläuterung deutlich wahrscheinlicher ist. Auch heute noch füllt sich zur Regenzeit die fast völlig vegetationslose Etosha-Pfanne mit Wasser und so trifft man hier dann neben Pelikanen und Storchen auch auf abertausende Flamingos, die die Pfanne wie rosafarbene Tupfer zieren. Die meiste Zeit ist sie jedoch ausgetrocknet und voller Mineralien, die der Wind sogar bis in den Atlantik weht. Da wir uns aktuell im namibischen Winter befinden, war sie nicht allzu überraschend staubtrocken und dementsprechend waren auch keine lustigen Vögel anzutreffen. Langweilig wurde uns aber trotzdem nicht, denn im Etosha gibt es 114 Säugetier-, 340 Vogel-, 110 Reptilien-, 16 Amphibien- und 1 Fischart. Die „Big 5“ kann man hier jedoch nicht sehen. Von den berühmten fünf Wildtieren sind hier nämlich nur vier ansässig: Elefanten, Nashörner, Löwen und Leoparden. Büffel hingegen findet man hier nicht. Aaaber die süßen Muh-Kuhs hatten wir ja zum Glück bereits im Kruger Nationalpark gesehen, sodass dieser Fakt für uns keinen Weltuntergang bedeutete. Und da uns 2 Tage im Kruger Nationalpark gut gefallen hatten, hatten wir diesen Zeitraum auch für den Etosha eingeplant.
Untergekommen waren wir in einer schönen Lodge, die rund 10 Minuten vom südlichen Andersson Gate entfernt war. Einzig die Zimmeraufteilung war gewöhnungsbedürftig, da man sich die Wand zwischen Bad und Schlafzimmer - zumindest geräuschstechnisch - auch hätte sparen können 😀 Für unseren ersten Tag ließen wir uns von der Unterkunft wieder ein Essenspaket mitgeben und machten uns zu Sonnenaufgang in Richtung des Eingangs. Im Park, den wir wieder mit dem eigenen Wagen befahren durften, war es trocken und staubig weiß. Ein verrückter Kontrast zum strahlenden blauen Himmel. Genau wegen dieser Trockenheit kann man in Etosha aber eben auch erstaunlich viele Tiere beobachten: diese liegen nämlich erschöpft bei den wenigen Büschen, laufen gemächlich über die weiten Ebenen oder halten sich an den Wasserlöchern auf. Und diese fuhren wir dann auch einfach stumpf ab - mit gefühlt riesigem Erfolg: am zweiten Wasserloch standen abertausende Zebras und Impalas in sicherer Entfernung zum kühlenden Nass und auch die anwesende Giraffe schaute verängstigt in Richtung des Wassers. Als wir näher kamen, verstanden wir, warum: vier muskelbepackte Löwinnen hatten sich am Wasserloch niedergelassen und genossen entspannt ihren Strandtag. Wir beobachteten das Spektakel und waren erstaunt, dass sich die Beutetiere mit der Zeit dann doch dazu überwanden, ebenfalls aus dem Loch zu trinken - wer weiß, wie lange die Damen dort schon Angst und Schrecken verbreiteten.
Anschließend entschieden wir uns, zum "Rhino Drive" zu fahren, denn ein Nashorn in freier Wildbahn zu sehen, fehlte uns noch auf unserer Big 5 Liste. Und während wir auf dem Weg zwar viele coole Tiersichtungen hatten, blieb das Hörnchen aus. Wir begaben uns auf den Rückweg und fuhren weitere Wasserlöcher an. Ein guter Indikator für "coole" Tiere sind dabei immer andere Autos. Als wir also nachmittags einer der letzten Wasserstellen näherkamen, sahen wir bereits aus der Ferne einige Fahrzeuge. Wir düsten ebenfalls hin und eine fast surreale Szene wartete auf uns: Ein wütendes Nashorn machte zunächst mit Drohgebärden auf sich aufmerksam und startete anschließend einen Sprint direkt auf seine Gegnerin zu: eine junge Löwin, die sich daraufhin im Dickicht versteckte, bevor sie sich kleinlaut zu ihrer am Wasser wartenden Freundin gesellte. Das Nashorn wirbelte noch ein bisschen Staub auf, bis es dann von dannen zog. Wir schauten ihm beeindruckt hinterher - was für ein imposantes Tier. Und während die Löwinnen am Vormittag ganz klar die erste Szene dominierten, waren sie nun nachmittags klein mit Hut.
Aufgrund unserer sensationellen Sichtungen entschieden wir uns für den zweiten Tag gegen eine geführte Safari und das frühe Aufstehen. Wir frühstückten gemütlich, fuhren erst gegen 10 Uhr in den Park und klapperten wieder "unsere" Wasserlöcher ab. So viel Glück wie am Vortag hatten wir jedoch nicht, waren aber erstaunt, wie unterschiedlich die Wasserlöcher besucht waren. Am ersten Tag waren an einem Wasserloch beispielsweise bestimmt 30 Elefanten und am zweiten Tag keine Spur von Benjamin Blümchen und seiner Crew. Und trotzdem haben wir auch die zweite Durchfahrt genossen und uns glücklich vom Etosha und seinen Tieren verabschiedet.
Private Wildreservate: Die kleine (oder doch große?) Schwester der Nationalparks
Was wir irgendwann von Mitreisenden während unserer Südafrika-Reise erfahren haben, ist Folgendes: um Tiersichtungen noch wahrscheinlicher zu machen, kann man neben Nationalparks auch private Wildreservate besuchen, die zum Wohle des Tierschutzes riesige Landesflächen besitzen, einzäunen und dort ebenfalls geführte Safaris anbieten - meistens mit einem bestimmten Fokus auf gewisse Tiere wie z.B. Nashörner, Raubkatzen etc. Neben der reduzierten Wilderei haben diese geschützten Gebiete einen weiteren Vorteil: die in ihm befindlichen Tiere können nicht auf umliegenden Farmen und dort Schaden anrichten. So eine kleine Raubkatze findet Kühe und Schafe nämlich ganz nett, wenn sie so in einem kleinen Stall auf sie warten. Um also noch näher an die tollen Kreaturen heranzukommen, planten wir sowohl einen spezialisierten Besuch von Nashörnern als auch von Leoparden. Da die Gebiete aber mehrere tausend Hektar groß sind, sind Tiersichtungen aber auch dort keinesfalls garantiert – und so blieb es spannend.
Ni Na Nashorn – horni horni horn
Unser erster Stopp führte uns jedenfalls zum Waterberg, um dort an einem Nashorn Tracking - also einer Pirsch zu Fuß, bei der man den Fußabdrücken folgt - teilzunehmen. Eigentlich wollten wir dieses besondere Ereignis im Waterberg Reserve machen, aber stellten auf Nachfrage traurig fest, dass die Aktivität nur Übernachtungsgästen vorbehalten ist. Da die Unterkünfte dort jedoch außerirdisch teuer waren, haben wir im nahegelegenen Otjiwarongo übernachtet. Als wir schon fast die Hoffnung aufgegeben hatten, haben wir von unserem Gastgeber jedoch den entscheidenden Tipp bekommen, dass wir mal rund um den Mount Etjo schauen sollen. Und so stießen wir auf die Mount Etjo Safari Lodge, die sich im Herzen des 36.000 Hektar großen Okonjati Wildreservats befindet. „Etjo" heißt übrigens "Ort der Zuflucht" und das verständlicherweise: hier wird nämlich tausenden Tieren Schutz geboten und ebenso wurde hier die Unabhängigkeit Namibias erklärt. Glücklicherweise konnten wir dort eine Nashorn-Pirsch buchen, die morgens um 7 Uhr starten sollte. Wir kamen also um 6:50 Uhr an, nachdem wir eine Stunde durch die sternenklare Nacht und Dämmerung gefahren waren. Als wir ankamen, staunten wir aber schonmal nicht schlecht: Die Unterkunft lag an einem großen See, in dem sich bestimmt 20 Nilpferde tummelten und prustend durch's Wasser glitten. Außerdem begrüßten uns ein paar schlaftrunkene Flamingos, die dort ebenfalls in einem Tümpel herumstanden. Was für eine schöne morgendliche Überraschung!
Kurz darauf kam unser Guide Flippi in seinem Safari-Jeep vorgefahren, stellte sich aber nicht als der gesprächigste Mensch auf dem Erdball heraus. Jedoch wies er uns direkt zu Beginn darauf hin, dass wir uns im Falle eines Nashorn-Angriffs hinter einem Busch verstecken sollen: Nashörner seien nämlich so gut wie blind, dafür sind Gehör und Geruchssinn aber sehr gut ausgebildet. Patty sah sich vor ihrem inneren Auge schon von einem der gigantischen Tiere tot getrampelt werden, während sich Pierre entspannt in der Gegend umschaute als hätte er unseren Ranger nicht gehört. Selbstredend, dass wir natürlich auch eine Verzichtserklärung unterschreiben mussten, die im Falle unseres Todes regelt, dass nur wir daran Schuld seien. Joa. Und damit machten wir uns auf den Weg in das menschenleere Reservat. Wir ahnten schon, dass es kalt werden würde und waren bestens vorbereitet. Während uns also der kalte Fahrtwind um die Ohren pfiff, ging in der Ferne die Sonne langsam auf und spendete ein wenig Wärme. Nach ca. 20 Minuten Fahrt sehen wir ein sich bewegendes Gebüsch und sicher 4 Nashörner wegtraben. Wir parken den Wagen und unser Guide folgt den Spuren. Ab und zu hören wir ein dumpfes Grollen in nicht allzu weiter Entfernung. Der Wind steht jedoch ungünstig, er trägt unseren Geruch direkt zu den schnaubenden Tieren, die weiter ins Dickicht fliehen. Nach ein paar Minuten werden die Geräusche lauter und unsere Guide flüstert, dass er das Ganze "gruselig" finde. Er dreht um und erklärt, dass wir lieber ein einzelnes Nashorn - wenn möglich sogar ein Weibchen - suchen sollten, da diese weniger aggressiv sind. Wir stapfen zurück, steigen wieder in den Wagen und fahren weiter. Nach weiteren 30 Minuten findet der erfahrene Flippi frische Nashorn-Fußabdrücke, denen wir noch ein wenig mit dem Geländewagen folgen, bis wir erneut aussteigen und die Fährte zu Fuß aufnehmen. Während wir durch die steinige Wüste stolpern und an dornenartigen Büschen hängenbleiben, stellt sich vor allem Patty mal wieder die Frage, was sie hier eigentlich macht und ob das Ganze wirklich eine gute Idee war - an die grollenden Kolosse denkend. Nach ungefähr 1 Stunde bleibt unser Frontmann abrupt stehen und signalisiert, dass wir jetzt wirklich (!) still sein sollten. Als wir - durch Büsche geschützt - näher heranschleichen, sehen auch wir plötzlich zwei friedlich essende Nashörner. Ganz still stehen die Urtiere da im Schatten eines Mopane-Baums, nur gute von uns 20 Meter entfernt. Wir erstarren und hoffen, dass wir ninja-mäßig leise sind. Ihre beeindruckenden Nasenhörner und die tonnenschwere Körpermasse, die sich in gewaltige Kraft entladen kann, flößen uns beim bloßen Anblick gehörigen Respekt ein. Ihre kleinen Ohren drehen sich ständig hin und her und wir hoffen, dass sie einfach bleiben, wo sie sind. Nichts ist zu hören als der Wüstenwind und das leise Klicken des Kamera-Auslösers. Die Zeit scheint still zu stehen. Wir genießen den Moment, der unendlich und surreal scheint: solchen Wesen in freier Natur so nah kommen zu dürfen und das zu Fuß, empfinden wir als großes Privileg. Nachdem wir die grauen Riesen einige Minuten bestaunt haben, ziehen wir uns laaangsam zurück zum Wagen - noch ganz überwältigt von dem Erlebnis.
Leider ist nicht absehbar, wie lange diese wunderbaren Tiere noch zu bewundern sind, denn sie gelten generell als bedroht. Vor allem die Wilderei wegen der Hörner, denen insbesondere im asiatischen Bereich medizinische Heilkräfte nachgesagt werden, reduziert den Nashornbestand noch immer drastisch. Stellt euch vor: allein in Südafrika – dort, wo über 80 % der weltweiten Nashorn-Population zuhause sind – nehmen Wilderer pro Jahr auf ihrer gnadenlosen Jagd nach kostbarem Nasenschmuck den Tod von jeweils rund 1.000 Rhinozerossen billigend in Kauf. Noch kann man glücklicherweise z.B. in der Serengeti, dem Kruger Nationalpark, dem Etosha Nationalpark oder eben in privaten Reservaten auf der Suche nach Weißen und Schwarzen Nashörnern fündig werden. Vorausgesetzt man nimmt es mit „schwarz“ und „weiß“ nicht zu wörtlich, denn farblich sind sie weder das Eine noch das Andere. Wir würden ihren Teint eher als "nashorn-grau" beschreiben. Wie unsere Vorfahren also auf die Namen kamen? Die gängigste und – wie wir finden – irgendwie charmanteste Überlieferung ist, dass es sich letztlich um einen Übersetzungsfehler handelt: Als die Niederländer Südafrika kolonisierten und erstmalig Nashörner sahen, fanden sie, dass diese Kreaturen ein ziemlich breites bzw. weites Maul haben und sagten daher „wijd“. Als später die Engländer am Kap dazustießen, übersetzten Jäger diese Bezeichnung aber nicht mit „wide“ (weit) sondern mit „white“ (weiß). Tja, und als sie schließlich noch eine andere Sorte von Nashörnern entdeckten, die zwar ähnlich, aber eben nicht gleich aussahen und vom Verhalten auch nicht waren, haben sie diese einfach „black“ genannt. Und zack: eine Legende war geschaffen. Im deutschsprachigen Raum sprechen wir übrigens von Spitzmaulnashorn („black“) und Breitmaulnashorn („white“) und hier trifft die Beschreibung besser zu als schwarz und weiß: Breitmaulnashörner haben eine quadratische, breitere Lippe. Spitzmaulnashörner hingegen sehen mir ihrer spitzen Lippe immer ein bisschen so aus, als würde sie mit Kussmund für ein Selfie posieren. Und wie sieht’s mit den Hörnern aus? Gute Frage: das Spitzmaulnashorn verfügt über zwei nahezu gleich lange Hörner, während Breitmaulnashörner hingegen ein deutlich längeres, vorderes Horn haben. Im Gegensatz zum Breitmaulnashorn ist das kleinere Spitzmaulnashorn übrigens bereits kritisch vom Aussterben bedroht. Zum Schutz der Tiere werden daher in Nationalparks und Wildreservaten im südlichen Afrika weder die genaue Anzahl der Tiere noch die Sichtungen veröffentlicht. Für uns war die Begegnung jedenfalls magisch und wir wünschen uns, dass noch viele Menschen nach uns eine solche besondere Erfahrung machen dürfen.
Waterberg: Philosophie-Stunde über die Zukunft
Am nächsten Tag legten wir eine kleine Tierpause aus und bestiegen nach einer rund 45-minütigen Wanderung das Waterberg Plateau. Oben angekommen, belohnten wir uns neben der Aussicht mit zwei leckeren Cider und philosophierten ein wenig über unsere Zukunft. Langsam, aber sicher schleichen sich nämlich wieder Gedanken an einen zukünftigen Wohnort und die Arbeit in unsere Köpfe. Zu einem Ergebnis sind wir jedoch nicht gekommen - dazu wollen wir erst nach unserer Reise kommen. Und so räumten wir alle Gedanken sowie die Flaschendeckel zusammen und stiegen den Berg wieder herunter - begleitet von freundlich aussehenden Pavianen.
Okonjima: Willst du mal 'nen echten Leoparden sehen?
Am nächsten Tag fuhren wir dann in unsere nächste tierische Unterkunft und zwar ins Okonjima Plains Camp. Was wir dort vorhatten? Leoparden sehen und im Bestfall natürlich auch klauen. In Sri Lanka hatten wir zwar bereits einen "gesehen", aber die Anführungsstriche haben ihre absolute Berechtigung: dort versteckte sich eines der von Natur aus scheuen Tiere nämlich in einem Baum, der sicherlich 300 Meter entfernt war (Foto 1: Rückblick). Selbst mit Fernglas war das Mauzi dort für uns also nur so medium gut erkennbar, daher wollten wir es einfach nochmal versuchen.
Wir stießen bei unserer Recherche schnell auf Okonjima. Es handelt sich dabei um ein Wildreservat, welches Sitz der AfriCat Foundation ist, einer Non-Profit Organisation, die dem Schutz und dem Erhalt von Raubkatzen dient. Hier hatten wir uns zum Glück vorher schlau gemacht, denn auch hier kann man nur als Übernachtungsgast an den privaten Pirschfahrten teilnehmen. Aufgrund der besonderen Möglichkeiten nahmen wir hier für eine Übernachtung auch den saftigen Zimmerpreis in Kauf. Außerdem kommt ein Großteil des Geldes der Stiftung zu Gute, die sich seit Jahrzehnten die bedrohten Raubkatzen einsetzt. Eine "Spende" klingt gleich besser als ein "teures Zimmer" oder...? Um möglichst viel von der Unterkunft zu haben, fuhren wir also sparfüchsig zur frühst möglichen Check-In-Zeit zum Reservat.
Gegen 13 Uhr erreichten wir so das 22.000 Hektar große Gebiet und fuhren bereits belustigt an den doch sehr konkreten Straßenschildern vorbei. Wir checkten ein und hatten auch gar nicht mehr so lange Zeit, da wir bereits am Nachmittag an der Leoparden-Safari inkl. Sonnenuntergangs-Drink teilnahmen. Und so machten wir uns in unserem Zimmer mit wunderschönem Panorama-Blick frisch, tranken einen Stärkungskaffee und trafen uns mit unserem Guide Daniel. Der wiederum stellte sich als lustig, gesprächig und wandelndes Tierlexikon heraus, was die nachfolgenden Stunden natürlich massiv bereichert hat. Und so fanden wir uns wenig später erneut in einem der offenen Safari-Jeeps wieder und düsten den Leoparden entgegen - zumindest hofften wir das. Die Chancen, einen zu sehen, liegen hier nämlich bei 50 %. Clever wie wir sind, wiesen wir Daniel anfänglich natürlich nett darauf hin, dass er heute doch bitte die "richtigen 50 Prozent" wählen soll.
Das Naturschutzgebiet Okonjima erstreckt sich über hügelige Ebenen, gebirgige Ausläufer und Flussdickicht. In dieser facettenreichen Topographie tummeln sich die intelligenten Raubtiere in hoher Dichte - sie sind übrigens Einzelgänger und extrem territorial. Einer der Gründe, weshalb die Ranger uuungefähr wissen, wo sich die Tierchen aufhalten könnten. Einige der Leoparden, die teilweise bereits als Jungkatzen ins Reservat kamen, sind aber zu Forschungszwecken auch mit Peilsendern in Form eines Halsbandes ausgestattet. Immer wieder hebt Daniel also seine metallische Wünschelrute in die Luft, um Signale von den Halsbändern aufzufangen. Das Ganze erinnert uns ein bisschen an "ET nach hause telefonieren". Je stärker jedenfalls das Piep-Geräusch wird, desto näher ist die gesuchte Katze. Und so fahren wir los durch die weitläufige Buschlandschaft - im Dickicht fühlen sich die getupften Miezen nämlich so richtig wohl. Und obwohl Daniel das Signal von zwei Mauzis empfängt, stellen wir nach Erreichen des ungefähren Standortes fest, dass sie sich vermutlich gerade im Gebüsch vor uns verstecken. Tja, und so fahren und fahren wir, entdecken jedoch nicht die geringste Spur von einem Fellknäuel. Wirklich keine. Die Minuten vergehen und werden zu Stunden, während sich die Sonne schon langsam orange färbt. Merklich verzweifelt, versucht unser Guide über Funk seine Kollegen zu erreichen, um zu prüfen, ob sie vielleicht einen entscheidenden Hinweis geben können. Leider erfolglos. Und auch die Antenne von Daniel bleibt still, und wo nichts piept, da ist auch kein Leopard. Langsam finden wir uns also mit dem Gedanken ab, dass es an diesem Tag wohl nichts werden würde und planen eine weitere Fahrt für den nächsten Morgen.
Doch was ist das? Unverhofft und plötzlich taucht ein eleganter Schatten direkt vor uns auf der sandigen Straße auf. Ein Raunen geht durch die Reihen: Da kommt doch tatsächlich eine riesige, imposante Raubkatze auf uns zu und blinzelt mit ihren blass-grünen Augen ins Sonnenlicht. Mit offenem Mund sitzen wir da - keinen Meter von uns entfernt, schleicht diese beeindruckende Kreatur an uns vorbei. Es braucht viel Selbstbeherrschung, um den flauschigen Freund nicht zu streicheln - haha. Ganz gemächlich schlendert der Leo an uns vorbei und scheint sich für uns Gaffer kaum zu interessieren, bis er sich dann gemütlich ins Gebüsch verzieht.
Begeistert fahren wir weiter - bereits in Richtung des Ortes, an dem wir gemeinsam bei Sonnenuntergang anstoßen wollen. Doch dann kommt ein unverhoffter Funkspruch rein und keine 2 Minuten später kommen wir an einem weiteren Leoparden an. Wir können unseren Augen nicht trauen: liegt er da einfach so auf dem Rücken und zeigt seinen flauschigen Bauch? Wieder ein Moment, in dem wir am liebsten ein paar Streicheleinheiten verteilt hätten. Das Exemplar scheint deutlich kleiner und zierlicher und tatsächlich: während Leo 1 ein ca. 8-jähriger Leopard ist, ist dieser nun mit knapp 3 Jahren quasi noch ein Jüngling. Da die Großkatzen hier teilweise aus Rettungen im Babyalter stammen, sind sie die Safari-Autos gewohnt und zeigen keine Angst - im Gegenteil: sie kommen interessiert sogar ganz nah und stehen geduldig als Foto-Modelle bereit.
Und während es kurzzeitig so aussah, als würden wir keine einzige Mauze an diesem Tag sehen, waren es dann gleich zwei. Und um die Fahrt abzurunden, taucht plötzlich auch noch eine Braune Hyäne auf und legt sich frech mit dem grazilen Raubkätzchen an. Schnell merkt er jedoch, dass er in der Nahrungskette weiter unten ist und verkrümelt sich umgehend wieder. Wow. Wir hatten mit vielem gerechnet, aber mit so viel Glück?
Grinsend rattern wir dem Sonnenuntergang entgegen und genießen unsere Cider auf einem Hügel mit wunderschönem Ausblick. Nachdem die Sonne am Horizont verschwunden ist, bringt Daniel uns sicher wieder in die Unterkunft, in der wir zum Glück schnell ein Abendessen serviert bekommen, da wir vor lauter Aufregung richtig hungrig waren. Wir können nun endlich behaupten, dass wir WIRKLICH Leoparden gesehen haben - was für ein wundervoller Tag.
Pss, pss, pss - kommt her, ihr süßen Geparden!
Nachdem nachts Giraffen gemütlich vor unserem Zimmer vorbei schlenderten, hatten wir für den nächsten Morgen unsere vorerst letzte wunderbare Tierbegegnung geplant: wir wollten unbedingt noch die Geparden des Reservats sehen. Anders als die Leoparden, werden diese gefüttert und leben in einem separierten Bereich - getrennt von den Leoparden. Wieso? Die kleinen Miezen wurden als Haustiere von einem Farmer gehalten bis sie 2 Jahre alt waren und haben daher ihren natürlichen Jagdinstinkt verloren bzw. nie von ihrer Mutter erlernt. So zeigen sie zum Beispiel Fress-Ambitionen gegenüber für sie viel zu große Elefanten, die am umzäunten Gebiet vorbeispazieren. Würde man die im Rudel lebenden, zierlichen Großkatzen also wieder in die Wildnis aussetzen, würde der Kreislauf des Lebens recht schnell zuschlagen: entweder ein Löwe, ein Leopard, eine Hyäne oder ein Wildhund - die alle in der Nahrungskette über den Geparden stehen - würden sie als Mittagssnack verspeisen oder sie würden sich viel zu starke Beute aussuchen, die sie dann vermutlich im Überlebenskampf ebenfalls töten würden. Und so entschied die AfriCat Foundation, die plüschigen Freunde in Sicherheit aufzuziehen und ihr Verhalten zu studieren.
Wir waren also gespannt wie die Tiere gehalten werden und fahren früh morgens los. Wir lernen, dass das eingezäunte Gebiet zwar auch einige Hektar groß ist, aber sich das Auffinden der Tiere hier als keine große Herausforderung darstellt, da sie - ähnlich wie Hauskatzen - ihre Lieblingsorte haben. Nach einigen Minuten ist es dann auch schon weit: da liegen die 4 Fellnasen zusammengekuschelt unter einem Baum und wachen gerade durch die ersten Sonnenstrahlen auf. Auch wir strahlen: die gepunkteten Geschwister beginnen nämlich gerade ihre tägliche Katzenwäsche (höhö) und schlecken sich gegenseitig liebevoll ab - süüüüüß! Und was ist das? Schnurren die Miezen etwa? Wir schmelzen dahin. Unterdessen stößt auch die 5. Mauzi dazu. Sie ist das adoptierte Geschwistertier der restlichen Katzen - erkennbar an der etwas dunkleren Fellfarbe. Mit ihren bernsteinfarbenen Augen guckt sie uns eindringlich an, schreitet divenhaft am Auto vorbei und steigt in die Waschaktion mit ein. Es wirkt alles wie im Traum. Da sitzen wir im namibischen Outback und gucken diesen wundervollen Grazien bei ihrem Start in den Tag zu, nachdem wir am Vortag ihre imposanten Leoparden-Kumpels kennenlernen durften. Völlig hypnotisiert von ihrer Schönheit, beobachten wir die bezaubernden Wesen noch eine Weile, bis wir uns dann wieder zurückziehen.
Anschließend klärt uns Daniel bei einem Besuch der Tierarztpraxis konkret über die Arbeit der AfriCat-Stiftung auf: 1991 gegründet, hat die gemeinnützige namibische Organisation es sich zum Ziel gesetzt, die Raubtiere Namibias vor der Ausrottung zu bewahren. Wie bereits eingangs andeutet, gehören nämlich Farmer zu ihren größten Feinden: Bei toten Kälbern, Ziegen und Schafen haben die nämlich nicht lange gefackelt. Allein zwischen 1980 und 1991 wurden in Namibia 6818 Geparden erschossen, an ausgelegten Ködern vergiftet und in Fallen getötet. Bei Leoparden waren von 8000 Tieren in den 1980ern nur noch 5500 im Jahr 2004 übrig. Doch die Bestände haben sich seither erholt. 2019 lebten nach bisher letzter staatlicher Zählung bereits wieder über 11.000 Leoparden in Namibia. Ein Erfolg, der maßgeblich der AfriCat-Stiftung und ihrer Aufklärungsarbeit zu verdanken ist. Einen Besuch hier können wir also nur von Herzen empfehlen, wobei das Reservat mittlerweile um einen Leoparden und zwei Geparden ärmer ist - ein Loch im Zaun hat nämlich direkt in unsere Rucksäcke geführt.
Adieu, ihr tollen Kreaturen
Und mit diesem Kopfkino sowie unserer Herzensempfehlung möchten wir uns heute auch von euch verabschieden. Danke, dass ihr uns auf unserer tierischen Reise begleitet habt. Wir halten fest, dass wir um unglaublich schöne Tier-Momente reicher sind, die uns sehr berührt haben. Im nächsten Beitrag nehmen wir euch mit auf die höchsten Dünen der Welt - in die Sossusvlei. Das ist dann auch unsere letzte Namibia-Station, bevor wir nach 5 Wochen in unser nächstes Land aufbrechen. Wohin es geht? Verraten wir euch beim nächsten Mal!
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